: Luftbrücke zwischen Dakar und Nuoakchott
■ Zehntausende von Senegalesen und Mauretaniern warten auf ihre Repatriierung / Bislang rund 300 Tote bei Konflikten zwischen Bauern und Nomaden / Rassismus, soziale und wirtschaftliche Unzufriedenheit sind mitverantwortlich für das Massaker
Dakar/Nouakchott (afp/taz) - 5.000 Senegalesen und Mauretanier, die als Minderheit in ihrem jeweiligen Nachbarland lebten, sind am Sonntag nach den Morden und Plünderungen der letzten Woche als erste Gruppe in ihr Heimatland zurückgekehrt. An der Rückführaktion beteiligen sich Spanien, Frankreich und Marokko.
In der senegalesischen Hauptstadt Dakar harren rund 20.000 Mauretanier auf einem Ausstellungsgelände ihrer Repartriierung. An die 7.000 Senegalesen wurden vom mauretanischen Roten Halbmond in einer Moschee und einer Messehalle in Nouakchatt untergebracht, um dort auf den Rückflug nach Senegal zu warten.
Unter den Flüchtlingen und Rückkehrern kursieren Horrorgeschichten und Berichte über Repressalien, die auch von den vor Ort anwesenden Journalisten zunächst schwer zu überprüfen waren. Bereits am Freitag letzter Woche waren trotz Ausgangssperre und Ausnahmezustand in Dakar erneut mauretanische Läden geplündert und mindestens 36 Menschen ermordet worden, nachdem Flüchtlinge aus dem Nachbarland über Ausschreitungen in Nouakchott berichtet hatten. Dort waren zu Wochenbeginn zwischen 150 und 200 Senegalesen ermordet worden. Schätzungen zufolge wurden seit Beginn der auch rassistisch motivierten Unruhen zwischen schwarzafrikanischen Senegalesen und arabischen und berberischen Mauren etwa 300 Menschen getötet.
Die Übergriffe waren durch einen Zwischenfall am Senegal -Grenzfluß ausgelöst worden. Am 9.April waren bei einem Konflikt zwischen senegalesischen Bauern und mauretanischen Nomaden zwei Senegalesen erschossen worden. Zu Konflikten dieser Art kam es schon öfter. Für den Senegal, dessen landwirtschaftlich nutzbares Terrain sich durch eine rapide Versteppung verkleinert, sind die Nomaden aus dem Nachbarland schon lange ein Dorn im Auge. Jede Verzögerung beim Ausbau des Flußtals, der von Senegal, Mauretanien und Mali gemeinsam betrieben wird, wird in den Augen der senegalesischen Bevölkerung gerne als bewußte Maßnahme der mauretanischen Regierung gesehen, mit der diese die wirtschaftliche Entwicklung der vorwiegend von Schwarzen besiedelten Region behindern wolle.
Das Regime in Mauretanien, das von Arabern und Berbern dominiert wird, trägt dabei durchaus rassistische Züge auch gegenüber der schwarzen Elite des eigenen Landes. Mauretaniens Präsident Taya wurde angekreidet, daß er drei schwarze Militärs nicht begnadigt hatte, die im Dezember 1987 wegen einer Verschwörung der schwarzafrikanischen Oppositionsgruppe „Afrikanische Befreiungskräfte Mauretaniens“ hingerichtet wurden. Im vergangenen Jahr starben vier schwarze politische Gefangene im Gefängnis von Oualata an den Folgen ihrer Mißhandlungen.
Trotz dieser Spannungen hatte es bislang keine vergleichbaren Massaker gegeben. Die Empörung über den Grenzzwischenfall entlud sich im Senegal zunächst gegenüber mauretanischen Ladenbesitzer, denen etwa 75 Prozent der kleinen Lebensmittelgeschäfte gehören, dann aber auch gegen libanesische Läden. Daraus ist zu schließen, daß auch soziale Unzufriedenheit eine Rolle spielte, die aus beliebigen Anlässen hochkommen kann. Manch einer konnte dabei sicher auch privaten Rechnungen in Form von Schulden bei den Ladenbesitzern begleichen.
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