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VORBEUGENDE BESTRAFUNG

■ Bericht eines Kriegs- und Zivildienstverweigerers

Nachdem ich zunächst den normalen Weg eines Kriegsdienstverweigerers gegangen bin, beschäftigte ich mich in der Folgezeit näher mit dem Zivildienst und seiner Funktion im Ernstfall. Dabei stellte ich eine enge Verflechtung in das Militärische fest, die im übrigen auch schon in Friedenszeiten durch die Zwangsverpflichtung von Zivildienstleistenden zur Übung Wintex/Cimex erprobt wurde.

Als Konsequenz daraus brach ich 1979 den Zivildienst ab und verweigerte die weitere Ableistung endgültig. Nachdem ich in einen Urlaub gefahren war, ohne mich ordnungsgemäß abzumelden, erwartete mich bei der Wiedereinreise ein Haftbefehl. Anschließend begann eine zweiwöchige Tournee durch die süddeutsche Gefängnislandschaft bis ich schließlich in Aachen landete.

Nachdem sich verschiedene Gerichte mit meinem Verfahren beschäftigten, mein erster Antrag auf Haftprüfung verlegt wurde und bei der Anklageschrift zwischen Datierung und Weiterleitung 24 Tage vergingen, kam es nach gut vier Monaten „Untersuchungshaft“ zur Verhandlung vor dem Jugendschöffengericht Schleiden.

Das Urteil war sechs Monate, die „Restfreiheitsstrafe“ wurde unter der Auflage, daß ich den Zivildienst wieder anzutreten hätte, zur Bewährung ausgesetzt. Nachdem ich gegen die Bewährungsauflage Beschwerde eingelegt hatte, wies die zweite Instanz diese Auflage als nicht zweckmäßig zurück.

Der zweite Einberufungstermin erfolgte dann auf den Tag genau fünf Jahre nach dem ersten, wurde aber nach eingelegtem Widerspruch wieder zurückgezogen. In den nächsten Jahren erfolgten zwei weitere Einberufungen, wobei die letzte der Zeitersparnis wegen gleich meinem früheren Rechtsanwalt zugestellt wurde.

Aufgrund der zwei folgenden Anklagen der Staatsanwaltschaft Trier wurde ich dann in zweiter Instanz vom Landgericht Trier zu zehn Monaten verurteilt.

Hier ein Auszug aus der Urteilsbegründung:

„Selbst wenn er wegen des Verbots der Doppelbestrafung bei einer erneuten Dienstflucht nicht mehr bestraft werden könnte, würde sein Handeln den gesetzlichen Tatbestand des Paragraphen 53 Abs. 1 ZDG erfüllen. Der Angeklagte beginge damit - auch wenn er straffrei bliebe - eine Straftat. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, daß er auch ohne die Einwirkung des Strafvollzuges künftig keine Straftaten mehr begehen wird.“

Ich befinde mich jetzt wieder sechs Monate in Haft. Eine vorzeitige Entlassung wird von der Gefängnisleitung wegen Uneinsichtigkeit der Straftat nicht befürwortet.

Thomas, Saarburg

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