: Lage im Hungerstreik spitzt sich zu
■ Brigitte Mohnhaupt ins Krankenhaus verlegt / Justizverwaltungen der Länder suchen ärztliche Freiwillige für die „Koma-Lösung“ / Offener Brief von Gollwitzer, Narr und Grottian an Momper
Berlin (taz) - Die RAF-Gefangene Brigitte Mohnhaupt ist in die Krankenstation der Justizvollzugsanstalt München Stadelheim verlegt worden. Damit soll, so das Bayerische Justizministzerium, „allen Eventualitäten“ vorgebeugt werden. Brigitte Mohnhaupt befindet sich heute seit 51 Tagen im Hungerstreik. Justizpressesprecher Bernhard Glocker betonte, für die Verlegung habe es „keinen akuten Anlaß“ gegeben. Auch die Anwältin der 39jährigen, Anke Brenneke -Eggers, beschrieb den Gesundheitszustand Mohnhaupts als stabil. Ihre Mandantin sei allerdings „ziemlich geschwächt“.
Nach dem Abbruch des Hungerstreiks von Karl-Heinz Dellwo und Christa Eckes stehen nun in Aichach Rolf Heißler (40) und in Berlin die Gefangene Gabriele Rollnik (28) an der Spitze der Hungerstreikkette. Sie verweigern seit 65 Tagen die Nahrungsaufnahme. Die Justizbehörden bereiten sich seit Wochen darauf vor, daß einige der 41 Hungerstreikenden ins Koma fallen könnten. In Berlin forderte die Gesundheitssenatorin bereits am 7.April die Krankenhäuser auf, binnen einer Woche jeweils einen Mediziner und eine Pflegekraft für den Fall einer intensivmedizinischen Betreuung der Hungerstreikenden zu benennen.
Am 18.4. erfolgte daraufhin eine entsprechende beamtenrechtliche Anordung an acht Krankenhäuser. Auf der Suche nach medizinischem Personal hat sich in Stuttgart das Justizministerium mit der Bitte um Amtshilfe an das Wissenschaftsressort gewandt. Von dort aus wurden die Universitätskliniken aufgefordert, sich nach Freiwilligen umzusehen. Aus der Tübinger Universitätsklinik ist zu hören, daß ein Teil der Ärzteschaft die „Koma-Lösung“ strikt ablehnt und sich unter keinen Umständen zu einer Beteiligung daran verpflichten lassen will. Andere Ärzte haben ihre Bereitschaft dazu signalisiert. Die Berliner Professoren Helmut Gollwitzer, Wolf-Dieter Narr und Peter Grottian haben unterdessen in einem Offenen Brief den Regierenden Bürgermeister Momper und die Justizsenatorin Limbach aufgefordert, die Initiative zur Zusammenlegung der RAF -Gefangegen umgehend zu ergreifen.
Eine Gewöhnung an den Hungerstreik müsse vermieden werden, der nach wie vor „jeden Tag verhängnisvolle Folgen zeitigen kann“. Noch heute sollte der Senat „die von den SPD -regierten Ländern gegebenen Versprechungen in die Tat veränderter Haftbedingungen und von Zusammenlegung umsetzen“. Die Gruppengröße dürfe dabei kein Hinderungsgrund sein.
Sollten sich die CDU/CSU-regierten Länder weiter einer Lösung im Hungerstreik verweigern, müßte der Berliner Senat anbieten, die Gefangenen dieser Bundesländer in Berliner Gefängnisse zu übernehmen.
Wolfgang Gast
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen