Postwendende Eier

■ Postgewerkschafter warfen auf Promis, Direktion schrieb Entschuldigungen

Ostern ist schon halb vergessen. Trotzdem dreht sich in Bremens Promi-Szene derzeit einiges ums Ei. Es war genau am 24. April, als der Präses der Handwerkskammer, der Präsident des Senats, der Vizeprsident der Oberpostdirektion, der Geschäftsführer von Eduscho und ein leibhaftiger Minister aus Bonn gemeinsam dem Ei ins Auge sahen. Allerdings handelte es sich nicht um die österlich zarthändig bemalten und gut versteckten Exemplare ihrer Art, sondern ganz im Gegenteil um grob geworfene rohe Eier. Sie kamen aus Richtung einer empörten Demonstration der Postgewerkschaft und flogen mitten unter die Ehrengäste beim Richtfest des umgebauten Bahnhofs-Postamts 5. Keine drei Tage danach war den Ehrengäste schon wieder eine Einladung der Post zugeflattert. Allerdings nicht unter dem Richtkranz sollen sich die Präsidenten und Geschäftsführer diesmal versammeln. Das Folgetreffen soll bei der chemischen Reinigung stattfinden.

„Sollten Sie im Verlauf dieser zeitweilig tumultartigen Konfrontation durch den Wurf roher Eier oder auf andere Weise zu Schaden gekommen sein, bitten wir Sie, uns die Wiederherstellungskosten in Rechnung zu stellen.“ Mit diesem freundlichen Satz und dem Ausdruck der Hoffnung, „daß dieser Vorfall Ihr Vertrauen in die Deutsche Bundespost nicht allzu sehr erschüttert hat“, wandte sich der selbst am Ei erfahrene Vizepräsident der Bremer Oberpostdirektion, Helmut Miethig, an 20 beworfene Ehrengäste.

Einer der prominenten Ei-Wurfziele, der SPD -Bundestagsabgeordnete Ernst Waltemathe, schrieb postwendend zurück: „Das Werfen von Gegenständen und rohen Eiern durch einzelne Teilnehmer einer im übrigen disziplinierten und für mich verständlichen Demonstration wird von mir nicht gebilligt, ist aber kein Grund, die Deutsche Postgewerkschaft zu diffamieren.“ Anders sahen dies „zwei Herren der Bundeswehr“, weiß Vizepräsident Helmut Miethig zu berichten. Sie hatten sich schriftlich und telefonisch für das Angebot zum Ehrengastempfang in der chemischen Reinigung nachdrücklich bedankt.

Was aus den weiteren 17 Adressaten des oberpöstlichen Entschuldigungs-Schreibens geworden ist, weiß Helmut Miethig nicht. „Ich kann mir kaum vorstellen, daß Wedemeier wegen 10 Mark eine Rechnung schickt“, denkt er. Genau weiß er dagegen, daß es besser gewesen wäre, „wenn die Gewerkschaft nicht beim Richtfest demonstriert“ hätte. Schließlich solle der Neubau des Postamts 5 auch der „Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Postangehörigen“ dienen. Na eben, und deshalb flogen über drei Wochen nach Ostern Freuden -Eier.

Rosi Roland