: Gesellschaft als Skulptur
■ betr. „Radikale Schönwetterdemokratie“, taz v. 20.4.89
„Zynisch ist der Geisteszustand desjenigen, der mit guten Gründen desillusioniert ist, der aber den Schmerz über den Verlust von Orientierungen, die einmal ein Stück von ihm selber waren, unterdrücken muß.“ (Peter Sloterdijk)
Ein Musterbeispiel für diesen Zustand und leider auch noch für schlechten Journalismus hat K.S. im Lokalteil der TAZ vom 20.4.89 unter dem Titel „Radikale Schönwetterdemokratie“ geliefert.
Kein Wort über das Anliegen der Organisation für direkte Demokratie durch Volksabstimmung, das -mehr als der Name schon sagt-hätte informieren können.
Kein Wort über die Zusammenhänge dieser Organisation und Aktion mit dem Wirken von Joseph Beuys, der freien Internationalen Universität (FIU), dem erweiterten Kunstbegriff... .
Statt dessen liest sich K.S.‘ Geschichte wie die hirnverbrannte Aktion hoffnungslos verwirrter einer „gemeinnützigen GmBH aus Kassel“ , die glauben, bei strömendem Regen (also Bremern geläufiges Schmuddelwetter) Menschen für Demokratie interessieren zu können, dafür auch noch 500,-DM bezahlen und -zynökologisch-auch noch einen Omnibus anrollen lassen, der 30 Liter Diesel schluckt.
Obendrein müssen sich die im Regen ausharrenden Direkte Demokratie-Anhänger als „Schönwetter-Demokraten“ vollends zu begossenen Pudeln machen lassen.
Für mich zuviel des Zynismus.
Ich meine aber, die taz kann diesen faux-pas leicht wieder gut machen: mit einem richtungsweisenden, informativen, spannenden Artikel über Joseph Beuys und dessen Idee, die Gesellschaft als Skulptur zu begreifen, an der alle aufgefordert sind, zu formen. Soziale Plastik. Diese schließt Demokratie ein. Eine zeitgemäße Idee.
Klaus Hißenkemper
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