: Der verlorene Sohn
Bert Handschumacher kehrt in die CDU zurück ■ K O M M E N T A R
Die Geschichte soll ein bißchen so klingen wie das Gleichnis vom verlorenen Sohn: Ein jugendlicher Heißsporn verläßt, einem Rausschmiß zuvorkommend, das konservative Vaterhaus, macht böse Erfahrungen in der übrigen Welt, verspielt seinen Kredit und klopft schließlich wieder reumütig an die Pforten seines Geburtshauses: „Vater, ich habe gesündigt vor Dir, stelle mich wie einen Deiner Tagelöhner!“ (Lukas 15, 18/19) Sowohl der biblische Vater als auch der CDU-Pate Peter Kittelmann veranstalten nun ein Freudenfest. Die Hintergründe der aktuellen Geschichte sind trotzdem unromantischer als die, die vor 2.000 Jahren erzählt wurde.
Bert Handschumacher, der verlorene Sohn der Christenunion, hatte bei den REPs keine Chance mehr. Sein Versuch, sich in der Tiergartener Fraktion der Rechtsradikalen gegen den Willen von Andres und Pagel zum Vorsitzenden wählen zu lassen, schlug fehl: Handschumacher flog vor den Wahlen raus. Nicht aus inhaltlichen Gründen wurde er gefeuert, sondern weil er aus der Karrierereihe tanzte. Wenn Kittelmann nun sagt, Handschumacher habe seinen „Irrtum“ eingesehen, bei den REPs mitzumachen, dann ist das glatte Schadenfreude.
Handschumacher darf zum einen deshalb zurückkehren, weil sich die CDU-Fraktion dadurch einen Stadtratsposten organisiert. Er bringt also, anders als der Bursche in der Bibel, handfestes Kapital mit nach Hause. Zum anderen war es für die oppositionelle CDU höchste Zeit, die Einbahnstraße 'CDU Richtung Republikaner‘ wieder in beide Richtungen befahrbar zu machen.
Die rechtsradikale Seifenoper, die da gerade gespielt wird, darf aber über eines nicht hinwegtäuschen: Bert Handschumacher ist kein Star, sondern ein Statist. Kittelmann wird dem verlorenen Sohn den Wunsch, ihn wie einen „Tagelöhner“ zu stellen, zunächst entsprechen. Ein gemästetes Kalb ist für ihn in Tiergarten jedenfalls noch nicht geschlachtet worden.
Claus Christian Malzahn
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen