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Labour will nicht mehr einseitig abrüsten

Die britische Labour Party verzichtet auf ihre Forderung nach einseitiger Abrüstung der Atomstreitmacht / Keine zeitlichen Vorgaben mehr für konktrete Abrüstungsschritte / Parteivorstand will auch in der Verteidigungspolitik einen neuen Realismus durchsetzen  ■  Aus London Lila Das Gupta

„Ich werde nie wieder für die einseitige Abrüstung unserer Atomwaffen eintreten, ohne dafür eine Gegenleistung zu verlangen. Ich werde es einfach nicht tun.“ Mit dieser halb beschwörenden, halb drohenden Stellungnahme hat der Führer der britischen Labour Party, Neil Kinnock, auf der Sitzung des Parteivorstandes am Dienstag den Verzicht Labours auf die bisherige Forderung nach einer einseitigen Abrüstung der Atomstreitmacht erzwungen. Mit 17 zu acht Stimmen sprach sich der Vorstand anschließend für eine Aufnahme des neuen britischen Trident-Systems in die strategischen Start-2 -Abrüstungsverhandlungen aus. Falls es hier zu keinen Ergebnissen kommen sollte, will Labour seine Atom-U -Bootflotte dann in bilateralen Gesprächen mit Moskau wegverhandeln.

Labours neues Verteidigungsdokument tritt weiterhin für die Beseitigung aller Atomwaffen in Europa bis zur Jahrtausendwende ein, verzichtet aber auf zeitliche Vorgaben bei konkreten Abrüstungsschritten wie zum Beispiel der Schließung amerikanischer Stützpunkte in Großbritannien. Die persönliche Bekehrung des bisher friedensbewegten Neil Kinnock zur multilateralen Weisheit und die jetzt vollzogene Kehrtwende des Parteivorstands sind Teil einer umfassenden Programmreform, welche die Labour Party nach drei aufeinanderfolgenden Wahlschlappen gegen Frau Thatcher wieder wählbar machen soll. Die am Montag vom Vorstand beschlossenen revisionistischen Prinzipien der zukünftigen Wirtschafts- und Industriepolitik sollen nun auch in der Verteidigungspolitik durch einen neuen Realismus ergänzt werden.

Um endgültig in das Parteiprogramm aufgenommen zu werden, müssen die Vorschläge des über die letzten beiden Tage vom Vorstand behandelten „Policy Review“ im Herbst von den Delegierten des Labour-Parteitages abgesegnet werden. Vor allem die auf der Linken angesiedelten Befürworter einer einseitigen Abrüstungspolitik haben der Parteiführung bis zum Herbst bereits einen harten Kampf angesagt. Während der Vorsitzende der britischen „Kampagne für nukleare Abrüstung“ (CND), Bruce Kent, befürchtet, der Abschied Labours von einer einseitigen Abrüstungpolitik werde die Moral der Friedensaktivisten zerstören, feierte die Parteiführung den Abstimmungssieg im Vorstand als Durchbruch zur Akzeptanz der Partei in breiten Bevölkerungsschichten.

In den drei Wahlkämpfen der Thatcher-Dekade hatten die Konservativen im Zusammenspiel mit den Medien die Labour Party immer wieder als unsichere Vaterlandsverteidiger dargestellt. Labours „Policy Review“ beinhaltet nun auch die endgültige Bekehrung der Partei zur Nato und zur Europäischen Gemeinschaft. Die vom Alt-Linken Tony Benn vorgebrachten Austrittsresolutionen wurden mit 19 zu drei beziehungsweise 20 zu vier Stimmen abgelehnt.

Während sich Labour nun auch zur Ersetzung des Oberhauses durch eine aus den Regionen gewählte zweite Parlamentskammer durchgerungen hat, glaubt die Partei weiterhin an die Vorteile des gegenwärtigen Mehrheitswahlrechts mit seinem resultierenden Zwei-Parteiensystem. Eine Resolution, die die Möglichkeit des Übergangs zum kontinentalen Verhältniswahlrecht mit seinen Koalitionsmöglichkeiten offengehalten hätte, wurde mit großer Mehrheit abgelehnt.

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