Radikalkur mit der Abrißbirne

■ Gegen das Votum des Denkmalpflegers wird in Schwachhausen eine Jugenstilvilla abgerissen Begründung: Grundsubstanz kaputt / Bauschutt-Recycler: Mindestens hundert Jahre Lebensdauer

Denkmalpfleger Hans-Christoph Hoffmann gerät beinahe ein bißchen ins Schwärmen: „Eine dezente, charaktervolle Jugendstilvilla, die gut in die Umgebung paßt“, sagt er. Und: „Natürlich war es denkmalwürdig.“ Die Rede ist von dem Haus Am Barkhof 34, einer zweistöckigen Villa

mit ausgebautem Dachgeschoß. Inzwischen ist das Gebäude eine Ruine. Eingeschlagene Fenster, zertrümmerte Türen liegen herum, dazwischen Glas, zerschmetterte Dachziegel. Bauunternehmer Kurt hat Zech bereits Tatsachen geschaffen. Am Donnerstag abend rückten Arbeiter

mit dem Auftrag an, möglichst viel möglichst klein zu hauen, damit etwaigen Hausbesetzern von vornherein die Lust genommen würde. „Eine Vorsichtsmaßnahme“, so Zech.

Vor einem Jahr erstand Zech das Gebäude von dem Baustoffhändler Siegfried Weide. Der

hatte die Villa zuvor von der Bundesbahn gekauft und wollte sie ursprünglich in mehrere kleinere Wohneinheiten unterteilen. „Das ließ sich nicht rechnen“, sagt Zech heute. Er erstand das Haus für etwa 700.000 Mark und stellte den Antrag auf Erteilung einer Abrißgenehmigung. Die Baubehörde entsprach dem nach sieben Monaten Anfang Mai.

„Die Grundsubstanz hätte erneuert werden müssen“, begründete Zech die Radikalkur mit der Abrißbirne. Eine Begründung, über die die Fachleute vom Projekt Heinrichstraße nicht einmal lachen können. Das Projekt hatte von Zech die Erlaubnis bekommen, das Gebäude auszuschlachten. Von Holzwürmern, die ein Mitarbeiter der Zechs zur Abriß-Begründung erfand, konnten sie jedenfalls nichts feststellen. Im Gegenteil: „Das Haus hätte min

destens noch hundert Jahre stehen können“, sagt einer. Die Elektroleitungen sind in Schuß, selbst die Rundbogenfenster, doppelverglast, die Dachbalken in bester Verfassung. Dazu einige Besonderheiten wie Eichenparkett, handgeformte Sandsteinsockel.

Anstelle der alten Villa werden an gleicher Stelle zwei Mehrfamilienhäuser für insgesamt 18 Haushalte entstehen, „im Rahmen des dort seit 1970 gültigen Bebauungsplanes“, so Zech. „Es ist zu spät“, hat Denkmalschützer Hoffmann resigniert. „Wie das so ist. Da werden vom Stadtplanungsamt Festlegungen getroffen, die nicht mehr rückgängig zu machen sind: Ausschöpfen bis zum geht nicht mehr, ein paar Dispense.... Der Wert des Grundstücks ist so gestiegen, daß die Stadtgemeinde dann entschädigungspflichtig würde.“

hbk