: Nette Jungs von nebenan
■ Das „Your Neighborhood Saxophone Quartett“ aus Boston pustet den Packhaus Orchesterboden durch
Aussehen taten sie schon irgendwie nachbarlich, die vier Bläser vom „Your Neighborhood Saxophone Quartet“, die am Dienstagabend den Orchesterboden im Packhaus durchpusteten. Und wenn sie auch unauffällig wirkten, so war ihre Musik alles andere. Die Bostoner Steve Adams (bs), Tom Hall (ts), Allan Chase (as, ss) und Bob Zung (as) pflegen ein erfreulich unprätentiöses Konzept, das nicht auf die Herausstellung individueller Solisten-Virtuosität gerichtet ist, sondern einem kompakten, kollektiven Sound den Vorzug gibt. Die Soli waren meist in die witzige Begleitung der anderen Gruppenmitglieder eingebettet. Die Arrangements der eher kurzen Stücke sind in der Regel dicht und druckvoll angelegt. Nicht filigrane Muster und Ausformungen stehen im Mittelpunkt, sondern treibende, manchmal rasante, kraftvolle, eben kompakte und gleichzeitig vielschichtige Klänge, sauber intoniert, aber mit einem Hang zum „schmutzigen“ Sound, besonders beim Tenorsaxophonisten Tom Hall.
Erfreulich auch der Baritonsa
xophonist Steve Adams, der zum Sound seines Instrumentes steht und nicht bemüht war, sein Können durch ständiges Blasen in den hohen Registern unter Beweis zu stellen.
Den dichten Arrangements und dem druckvollen Sound entsprach die stilistische Vielfalt des Quartetts. Blues, Rock'n'Roll, R&B gehören ebenso zum Material, wie die verschiedenen Stilrichtungen des Jazz, dazu E-musikalische und folkloristische Momente. Das ergab eine unterhaltsame, abwechslungsreiche, aber keineswegs konturlose oder beliebige Mischung. Denn das Material wurde be- und nicht verarbeitet, nicht einfach nur zusammengemixt. Auch das geradezu bescheidene Auftreten der vier, manchmal direkt im Gegensatz zu den witzigen und kraftvollen musikalischen Ideen, trug zur Begeisterung des Publikums bei. So wurden zwei Zugaben erklatscht, die die Lust auf Weiteres eher erhöhten, denn es hatte doch eine Zeit gedauert, bis die Musiker richtig warm geworden waren. Die Spielfreude schien zum Schluß am größten. Arnau
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen