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Kleingeschäft mit Hakenkreuzen

■ Vor dem Bremer Amtsgericht: Ein Flohmarkthändler, der Nazi-Devotionalien feilbot / 2.250 Mark Strafe wg. Verwendung von Nazi-Emblemen / Angeklagter ohne Unrechtsbewußtsein

Ein Flohmarkt soll amüsieren und Gelegenheit für große und kleine Schnäppchen bieten. Manchmal gibt es auch was zum Ärgern, wie die Stände mit Nazi-Devotionalien, auf die wiederum gewisse Sammler und Jungnazis besonders scharf sind. Einer hat sich nicht nur geärgert, sondern ist

zum Revier gegangen und hat Anzeige erstattet.

Und so saß gestern Anton G., mit 42 Jahren in der Gnade der späten Geburt, vor einer Richterin des Amtsgerichts Bremen, nachdem er bereits ein zweites Mal beim Verkauf von „Gegenständen mit Hakenkreuz“ erwischt worden war. Wimpel mit großem Hakenkreuz und „Blut und Ehre“, ein Messer mit Hakenkreuz und derselben Inschrift auf der Klinge, ein Mützenband („Hitlerjugend“) und Anstecknadeln gehörten zur beschlagnahmten Ware. Der Angeklagte hatte

auf Rechtsbeistand verzichtet, er fühlte sich ganz und gar im Recht: die großen Auktionshäuser handeln doch ganz offen mit Stücken aus „der Zeit„, preisen sie sogar in Katalogen an.

Die eine Aufgabe der Staatsanwaltschaft war, dem Angeklagten nachzuweisen, daß er offen und für jeden einsehbar die Nazisachen ausgelegt hatte (der „vorsichtige“ Händler überklebt die justitiablen Symbole). Das gelang relativ leicht. Angesichts eines BGH-Urteils, das Ausstellung und Handel mit solchen Gegenständen „wissenschaftlichen“ und „seriösen“ Unternehmungen gestattet, mithin den „Großen“ (Auktionshäusern) erlaubt, was bei „Kleinen“ bestraft wird, vermochte Anton G. sein Unrecht nicht einzusehen.

Nicht einschlägig vorbestraft, aber ohne jede Einsicht, wurde der vom Flohmarkthandel Lebende mit 75 Tagessätzen a 30.-plus Gerichtskosten empfindlich bestraft. Daß derzeit ein verstärktes öffentliches Interesse an der Verfolgung solcher Straftaten besteht, machte der auf den Flohmärkten bestens bekannte von Bock und Polach mit dem Hinweis auf dementsprechend ausstaffierte Neonazis klar, sowie die Tatsache, daß immer häufiger fernöstliche Imitationen gefragter Nazi-Devotionalien auf den (Floh)markt gelangen.

Burkhard Straßmann

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