Nichts wie raus aus dem ADAC

■ Durch die Austrittswelle aus dem ADAC erhoffen sich die Konkurrenten des Automobilclubs Mitgliederzuwächse

Vor einer Gewissensfrage automobilen Charakters stehen in diesen Tagen viele der rund 346.800 ADAC-Mitglieder in Berlin. Der Grund: Viele Autofahrer wollen das radikale Eintreten des Automobilclubs für die unbegrenzte Raserei auf der Avus nicht länger hinnehmen. Nachdem binnen einer Woche 108 Mitglieder ihren Austritt aus dem ADAC erklärt hatten (die taz berichtete), hält der Trend weiter an. Nutznießer der Austrittswelle sind die Konkurrenzunternehmen, die, obwohl in Autofahrerkreisen weitgehend unbekannt, tatsächlich existieren. Der gewerkschaftseigene Auto-Club Europa (ACE), der Automobil Club von Deutschland (AvD) sowie der alternative Verkehrs-Club Deutschland (VCD) kümmern sich schon seit mehr oder weniger langer Zeit, genauso wie der ADAC, um Leib und Seele eines jeden Vehikels. Service und Migliedsbeiträge sind zum Teil wesentlich günstiger als beim ADAC.

Viele Gewerkschaftskollegen treten jetzt zum ACE über, weil sie „endgültig die Schnauze voll haben“, erklärte der Regionalleiter des ACE Erich Dankert gegenüber der taz. Zwar sei der Gewerkschaftsclub auch nicht gerade begeistert von der Tempo-100-Regelung auf Autobahnen. Wegen des umstrittenen 6,5 Kilometer langen Avus-Abschnitts - dem letzten Berliner Autobahnstück, bei dem der unbegrenzte Geschwindigkeitsrausch bis vor kurzem noch zu erfahren war wolle man sich jedoch nicht mit dem Senat anlegen. „Natürlich ist Tempo 100 eine Einschlafgeschwindigkeit. Wir treten für 120 Stundenkilometer auf allen Straßen Europas ein“, so Dankert. Einem Mitgliederanstieg aufgrund der jetzt zahlreichen Austritte aus dem ADAC sieht der ACE -Regionalleiter auf längere Sicht entgegen.

„Daß die Leute vom ADAC zu uns übertreten, ist schon seit längerem Tendenz“, erklärte Stefan Sethe, Geschäftsführer des VCD bezüglich der Austritte aus dem ADAC. 1986 von Umweltschützern als Alternative zur Abgaspolitik des MÜnchner Automobilclubs gegründet, tritt der VCD für Tempo 100 auf allen Autobahnen ein. „Die Verkehrspolitik des ADAC hat sich ja durch den Streit um die Avus nicht groß verändert - im Gegenteil“, so Sethe. Neumitglieder würden oft kopierte ADAC-Kündigungsschreiben beilegen, um ihrem Unmut Ausdruck zu verleihen.

Service von ACE und VCD sind mit dem des ADAC nahezu identisch. Bleibt der fahrbare Untersatz in Europa einmal auf der Strecke, kann die Pannenhilfe überall kostenlos in Anspruch genommen werden. Einen nichtssagenden Informationsdienst hält lediglich der AvD aufrecht: Dort ist der telefonische Dialog schon seit Tagen nur mit einem Besetztzeichen möglich.

cb