Südafrika verhängt Todesurteile gegen Schwarze

Gericht fällt erste Entscheidungen in umstrittenem Mordprozeß / 14 Verurteilte sollen hängen, weil sie angeblich „gemeinsame Absicht“ zum Mord hatten / Nur einer der Verurteilten hatte Polizisten getötet / Über zwölf weitere Angeklagte wird noch das Urteil gesprochen  ■  Aus Johannesburg Hans Brandt

14 Schwarze sind gestern in Upington, 800 Kilometer südwestlich von Johannesburg, für den Mord an einem schwarzen Polizisten zum Tode verurteilt worden. Die 14 waren im April 1988 zusammen mit elf anderen des Mordes überführt worden. Nur einer der Verurteilten, der 27jährige Justice Bekebeke, hatte den Polizisten tatsächlich getötet, indem er ihn mit dem Kolben seines eigenen Gewehrs den Schädel einschlug. Die anderen sollen als Mitglieder einer Menschenmenge, die den Polizisten gejagt hatte, die „gemeinsame Absicht“ gehabt haben, ihn zu ermorden. Das genügt, um sie des Mordes zu überführen.

Unter den zum Tode durch Erhängen Verurteilten befindet sich ein Ehepaar, das zehn Kinder hat, die jüngsten 11 und 13 Jahre alt. Ebenfalls gehenkt werden soll Kenneth Khumalo (32), ein ehemaliger Bürgermeister des Schwarzengettos Paballelo bei Upington, wo der Polizist im November 1985 ermordet wurde.

Der Polizist, Lucas Sethwala, war nach einer Protestversammlung gegen hohe Mieten in Paballelo in seinem Haus angegriffen worden. Als er flüchtete, wurde er von einer Menge verfolgt, mit seinem Gewehr erschlagen, dann gesteinigt. Seine Leiche wurde schließlich angezündet. Am Tag nach dem Mord verhaftete die Polizei willkürlich zahlreiche Einwohner des Gettos. Mehr als 50 von ihnen wurden als angebliche Mitglieder der Menschenmenge von Augenzeugen identifiziert.

Aber das Verfahren wurde 1986 nur gegen 26 Angeklagte aufgenommen. Im April 1988 wurden 25 von ihnen des Mordes angeblich überführt, einer des versuchten Mordes für schuldig befunden. Seitdem hat die Verteidigung versucht, mildernde Umstände für die Angeklagten geltend zu machen, um eine mögliche Reduzierung des Urteils zu erreichen. Dazu gehören die sozialen Umstände in Upington, einer weißen Stadt, in der Schwarze noch als „Kaffern“ genannt werden. In der sozialen Rangfolge gelten Mischlinge mehr als Schwarze und werden bei der Vergabe von Jobs bevorzugt. So liegt die Arbeitslosigkeit in Paballelo weit über 30 Prozent. Mehr als 90 Prozent derjenigen, die Arbeit haben, verdienen weniger als das Existenzminimum. Für die 14 jetzt Verurteilten konnte Richter J. J. Basson keine mildernden Umstände erkennen. Er verhängte deshalb das Todesurteil. Die übrigen zwölf Angeklagten sollen nächste Woche verurteilt werden. Dabei sind weitere Todesurteile zwar juristisch nicht zwingend vorgeschrieben, aber dennoch nicht ausgeschlossen. Von Richter Basson ist jedenfalls keine Milde zu erwarten.

Unterdessen sind drei weitere Schwarze im Zentralgefängnis von Pretoria gehenkt worden. In der Bundesrepublik hat Außenminister Genscher seinen Amtskollegen Botha empfangen und die Überwindung der Apartheid angemahnt.