„Nicht nachvollziehbar“

■ Aus der Urteilsbegründung gegen die Bildungsbehörde

Gleich mehrere Rechtsfehler hat das Bremer Verwaltungsgericht der Schulbehörde im Streit um das Bilinguale Gymnasium vorgeworfen. (vgl. taz 25.5.) Die Behörde wollte durch „psychodiagnostische Tests“ 75 SchülerInnen für die Orientierungsstufe mit verstärktem Englisch-Unterricht auswählen. Die Gründe für eine Selektion vor der Orientierungsstufe seien „nicht nachvollziehbar“, urteilte das Verwaltungsgericht. Es gehe schließlich um zwei Stunden Englisch mehr für ein paar fünfte und sechste Klassen, einen Lehrermangel habe die Behörde nicht glaubhaft machen können. Die Behörde selbst hatte, erinnert das Gericht zudem, vor wenigen Monaten noch erklärt, daß mehrere Orientierungs-Klassen vorgesehen seien: „Eine solche Erklärung wäre wohl nicht abgegeben worden, wenn die entsprechenden Möglichkeiten nicht geprüft und bejaht worden wären.“

Die Tests greifen nämlich in ein grundrechtsrelevantes Elternrecht ein und hätten deshalb, argumentiert das Gericht, zumindest als Verordnung rechtsfähig erlassen werden müssen. Allerdings würde das Gericht die Tests auch dann nicht anerkannt haben, wenn sie ordentlich verordnet gewesen wären: Nach dem bremischen Schulgesetz soll nämlich die Orientierungsstufe keinerlei Beschränkungen unterliegen. „Daher besteht für jeden Schüler das Recht, ... an der Orientierungsstufe mit besonderem Englisch-Unterricht teilzunehmen.“ Die Behauptung der Bildungsbehörde, auch die Orientierungsstufe gehöre zum Schulversuch und Elternrechte seien deshalb aufgehoben, wischte das Gericht vom Tisch: Wenn nur sieben statt fünf Stunden Englisch gegeben würden, sei das kein „Versuch“, sondern eine Variante der üblichen Orientierungsstufe. (AZ. 3V175/89)