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Sowjetische Regierung verjüngt und abgespeckt

■ Schewardnadse und Jasow weiterhin Minister / Nur zehn der 100 Minister bleiben

Moskau (dpa) - Die künftige sowjetische Regierung soll wesentlich kleiner und jünger sein als bisher. Die Abgeordneten des Obersten Sowjets billigten am Sonnabend in Moskau einen entsprechenden Vorschlag von Ministerpräsident Nikolai Ryschkow. Der Regierungschef kündigte außerdem an, daß nur zehn der vor fünf Jahren ernannten 100 Minister ihre Posten behalten würden. Dazu gehörten unter anderem Außenminister Eduard Schewardnadse, Verteidigungsminister Dmitri Jasow, KGB-Chef Wladimir Krjutschkow und der Vorsitzende der staatlichen Planungsbehörde, Juri Masljukow.

Insgesamt wird es in der neuen Regierung nur noch 57 Ministerien und Staatskomitees geben. Allein die Zahl der mit Wirtschaftsfragen befaßten Ministerien wird von derzeit 52 auf 32 reduziert. Außerdem wird die neue Regierung nach den Worten Ryschkows auf ein Durchschnittsalter von 55 Jahren verjüngt. Zu den neu ins Kabinett berufenen Mitgliedern gehört auch der progressive Wirtschaftswissenschaftler Leonid Abalkin, der ein neu geschaffenes Staatskomitee für die Wirtschaftsreform übernimmt. Abalkin soll auch einer der stellvertretenden Regierungschefs werden. Vor dem Hintergrund jüngster Unruhen, Unglücke und Katastrophen kündigte Ryschkow die Gründung eines „Krisenministerium“ an: die Kommission für außerordentliche Situationen. Heftige Debatten gab es bei der Wahl des Vorsitzenden des Parlamentsausschusses für Verteidigung und Staatssicherheit, in dem nach Ansicht zahlreicher Abgeordneter zu viele Vertreter des „militärisch -industriellen Komplexes“ vertreten seien.

Gegen den Widerstand mehrerer Parlamentarier wurde der auch für die Streitkräfte tätige Konstrukteur Wladimir Lapygin für dieses Amt bestimmt. Der ehemalige Moskauer Parteichef Boris Jelzin wurde mit überwältigender Mehrheit zum Leiter des Parlamentsausschusses für Bauwesen gewählt. Zuvor hatte er sich unzufrieden über die Ergebnisse der zweiwöchigen Sitzung des Kongresses der Volksdeputierten geäußert, die am Freitag zu Ende gegangen war.

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