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Amtliche Auto-Pädagogik

■ Jugendfreizeitheim lockt mit unzeitgemäßem Programm-Hit: Auto-Orientierungsfahrten quer durch Berlin / Aber immerhin soll die Straßenverkehrsordnung beachtet werden

Unbeeinflußt von allen zeitgenössischen Diskussionen um die Schädlichkeit des Autowahns will das Tempelhofer Jugendfreizeitheim Hessenring seinen führerscheinbewehrten Bald-Jugendlichen auch in diesem Jahr wieder eine automobile „Orientierungsfahrt“ quer durch Berlin anbieten. Am 15.Juli sollen die von der Jugendförderung des Bezirks angesprochenen „Motorsportfreunde“ mit einem Beifahrer in sieben bis acht Stunden eine Strecke von etwa 80 Kilometern abfahren, heißt es in einer Bezirksamtsmitteilung. Wie es da zugehen mag, ergibt sich aus der eindringlichen, wenn auch wohl schon in der Vergangenheit mißachteten Warnung zum Schluß: „Es wird jetzt schon betont, daß selbstverständlich die StVO gilt, das heißt es handelt sich hierbei nicht um eine Rallye, bei der es auf Hochgeschwindigkeit und Kurvendrift ankommt.“

Nicht zuletzt die Senatsjugendverwaltung bewertet unterdessen das Angebot äußerst kritisch. Auch mit diesem Hinweis sei es als „sehr zweifelhaft einzustufen“, so die Sprecherin der Verwaltung, Gabriele Kämper. Frau Kämper: „Daß die Jugendlichen sich an die Straßenverkehrsordnung zu halten haben, ist klar, wenn so was ein Bezirksamt ausschreibt. Das ändert nichts daran, daß für die Jugendlichen das Motiv einer Beteiligung die Lust an der Raserei ist - ein Lärmerlebnis, das wir in keiner Weise pädagogisch befürworten können. Wenn es darum geht, die Stadt kennenzulernen, wäre das mit dem Fahrrad sinnvoller.“ (Sehr schön senatsverwaltungsgesprochen! Es grüßt die k.)

Ganz einfach machte es sich dagegen auf Anfrage ein leitender Beamter der CDU-geführten Jugendverwaltung des Bezirks. „Der Wunsch nach einer solchen Orientierungsfahrt kommt ja von den jungen Leuten“, wischte er alle Einwände vom Tisch. Über den pädagogischen oder umweltpolitischen Wert oder Unwert des Programmpunktes habe das Amt der Presse gegenüber im übrigen keine Rechenschaft abzulegen.

Gleich in mehrfacher Hinsicht verärgert gab sich der Leiter des Freizeitheims, Klaus-Dieter Lehmann. Die an die Presse geschickte Mitteilung des Bezirksamtes qualifizierte er als „eine große Schweinerei“, denn die schon seit acht Jahren angebotene Veranstaltung habe in Wahrheit „nichts mit Motorsport“ zu tun. Die Stadterkundung im Sinne des verstorbenen Chronisten „Kutte“ Pomplun erfolge nur notgedrungen mit dem Auto. Der Heimleiter: „Es gibt viele Sachen, wo sonst kein Bus hinfährt.“

thok

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