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JAHNN: Richard Anders "Begegnung mit Hans Henny Jahnn"

In den Jahren 1951 bis 1955 hatte Richard Anders, ein junger Student damals, eine Reihe von Gesprächen mit Hans Henny Jahnn. Jetzt veröffentlichte er seine Aufzeichnungen über Begegnungen mit dem Autor. Da ist die Rede von dessen „nie gesehener Häßlichkeit“ und von einer Bemerkung, die den jungen Mann so verlegen machte, daß man es dem fast vierzig Jahre später geschriebenen Bericht noch anmerkt, wie peinlich es Richard Anders war, vom verehrten Autor gesagt zu bekommen, daß die Bordüren seiner Kniestrümpfe hübsch seien. Daß Jahnn ihm gleich danach von seinen Experimenten mit Hormonsubstanzen aus dem Urin gerade geschlechtsreifer Knaben erzählte, kann die Situation unmöglich entspannt haben. Eine skurrile Lektüre. Am 30. November 1953 standen auf dem Hamburger Hauptbahnhof Richard Anders, Hans Henny Jahnn und Peter Rühmkorf und sprachen von der „Wirkungslosigkeit der Literatur. Die Massen sind nur noch negativ zu beieinflussen. Es kommt auf die wenigen Einzelnen an. Für sie schreibt der Schriftsteller. Rühmkorf sagte, man könne auch ganz ohne Leser schreiben.“ Rühmkorf hat dann fleißig die Schätze des „Volksvermögens“ gehoben und man wundert sich nicht, daß er heute müde abwinkt, wenn ein paar schlaffgewordene Vierzigjährige, mit missionarischem Eifer predigen, was er schon 1953 gesagt hatte. Auch die Frage „Ist angesichts des drohenden Weltuntergangs ein Kunstwerk möglich?“ wurde damals in der Runde eifrig diskutiert.

Richard Anders, Begegnung mit Hans Henny Jahnn, Rimbaud Verlag, mit s/w Fotos und einer Vorbemerkung von Signe Trede -Jahnn, 92 Seiten, 24 DM

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