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Kleine Friedensschritte im Sudan

Nach ersten Verhandlungen zwischen der gewählten Regierung und den Rebellen soll eine „Verfassungskonferenz“ dem Bürgerkrieg ein Ende setzen / Garang schraubt zu hohe Erwartungen zurück  ■  Von Knut Pedersen

Addis Abeba (taz) - Zum ersten Mal seit dem Sturz der Militärdiktatur Numeiris im April 1985 hat eine gewählte sudanesische Regierung direkt mit den Rebellen der schwarzafrikanischen Südprovinzen verhandelt. Nach dreitägigen Unterredungen in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba haben sich am Montag abend die Vertreter Khartums und der „Volksarmee zur Befreiung des Sudans“ (SPLA) auf eine „Verfassungskonferenz“ im September geeinigt, um dem seit sechs Jahren andauernden Bürgerkrieg ein Ende zu setzen.

„Frieden im Sudan ist nunmehr in Reichweite - aber immer noch sehr weit.“ Bereits vor dem Beginn der Verhandlungen in Addis Abeba hat der Rebellenführer John Garang die hochgesteckten Erwartungen realistisch zurechtgestutzt. Er sollte recht behalten. Am Montag abend haben sich die Delegationen in Addis Abeba getrennt und lediglich auf zwei neue Termine geeinigt: Am 4.Juli werden die Gespräche in der äthiopischen Hauptstadt fortgesetzt, um die Voraussetzungen für die seit zwei Jahren erwartete „Verfassungskonferenz“ zu schaffen. Die „Generalstände aller politischen Kräfte“ sollen nunmehr am 18.September zusammentreten und die „Verfassungsgrundlage eines versöhnten Sudans“ ausarbeiten. Dazu fehlen vorläufig noch alle Voraussetzungen.

Auf dem langen Marsch zum Frieden zwischen dem arabisch -muselmanischen Norden und dem christlich-animistischen Südsudan sind die ersten Direktverhandlungen seit dem Sturz Numeiris lediglich ein erster Schritt. In Addis Abeba haben sich Regierung und Rebellen weder auf das Ende des Verteidigungspakts mit dem nachbarlichen Libyen noch auf das effektive „Einfrieren“ des islamischen Strafrechts (Shaaria) einigen können. Die SPLA fordert eine „unabhängige Außenpolitik“ und die strikte Trennung zwischen „weltlichem Staat“ und „religiösen Bekenntnissen“. Die Regierung des Premierministers Sadek el-Mahdi - ein Großenkel des millenniaristischen „Mahdi“, der die „britischen Heiden“ Ende des 19.Jahrhunderts aus dem Land trieb - kann mit Rücksicht auf ihre eigene Machtbasis lediglich das „Einfrieren“ der Shaaria zugestehen. Und Libyen finanziert weiterhin einen Bürgerkrieg, der Khartum täglich rund eine Million Dollar kostet.

„Wir machen uns keine Illusionen über den Friedenswillen Sadek el-Mahdis. Er will vor allem an der Macht bleiben. Aber unter dem Druck der internationalen Gemeinschaft, die auf Frieden im Sudan drängt, muß er Konzessionen machen. Wir nehmen ihn beim - friedlichen - Wort, und er gibt sich Mühe, nicht das Gesicht zu verlieren.“ So resümierte der Rebellenführer John Garang den widersprüchlichen Friedensprozeß im Sudan im Gespräch mit der taz in Genf vor zwei Wochen. Nach sechs Jahren Bürgerkrieg, der Hunderttausende das Leben gekostet und rund dreieinhalb Millionen Sudanesen aus ihrer südlichen Heimat vertrieben hat, drängen die westlichen Geberländer auf Frieden. Die am 1.April initiierte Rettungsaktion „Lifeline Sudan“ gehört in diesen politischen Zusammenhang.

Vor allem die Vereinigten Staaten haben die sudanesische Regierung auf einen „humanitären Burgfrieden“ verpflichtet. Seit dem 1.April sind rund 60.000 Tonnen Nahrungsmittel und Saatgut durch festgelegte „Sicherheitskorridore“ in die südlichen Landesteile gebracht worden, die von nun an bis zum Ende der Regenzeit im November unzugänglich sind. Am 1.Mai hat die SPLA ihrerseits einen „einseitigen und bedingungslosen Waffenstillstand“ verkündet, der theoretisch am Donnerstag ausläuft. So ist die Regierung in Khartum unter Zugzwang geraten, um nicht als „Kriegstreiber“ dazustehen. Daß die Verlagerung des Konflikts vom Schlachtfeld an den Verhandlungstisch in Regierungskreisen auf Widerstand stößt, hat der Angriff auf ein bundesdeutsches Transall-Flugzeug am 1.Juni illustriert.

Premierminister Sadek el-Mahdi versucht, die in Gang gekommene Friedensinitiative in die Länge zu ziehen. Einsamer denn je seit seinem Amtsantritt vor drei Jahren, ist sich der Regierungschef in Khartoum nicht einmal mehr des Rückhalts in der Armee sicher. Nach dem „Friedensultimatum“ führender Offiziere im vergangenen April hat el-Mahdi die Demokratische Unionspartei (DUP) erneut in sein Kabinett aufnehmen müssen. Die DUP hatte bereits im vergangenen November ihren Frieden mit den südlichen Rebellen geschlossen und führt nun - im Namen der Regierung

-die Verhandlungen in Addis Abeba auf der Grundlage des damals geschlossenen Abkommens. Damit gerät Sadek el-Mahdi zunehmend unter Beschuß der islamischen Integristen im Norden. Seit April hat die Islamische Front Hassan el -Turabis, ein Schwager Sadek el-Mahdis, ihren populistischen Reflex als Fundamentalopposition wiedergefunden. In den armen Vorstädten Khartoums wird seither für den Jihad, den heiligen Krieg, gegen die „vom Glauben abgefallene Regierung“ geworben...

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