: „Seriöse Antwort“
■ Gorbatschow begrüßt Brüsseler Nato-Vorschläge
Die Message von Gorbatschow an Kohl und die Bundesbürger ist eindeutig: Wir sind bereit einen Schlußstrich unter die Nachkriegsgeschichte zu ziehen, und statt dessen nach vorn zu schauen. Gegenseitiger Respekt und gleichberechtigte Beziehungen, so Gorbatschow in seiner Tischrede am Montag abend, sollen die Grundlage für die zukünftigen Beziehungen „zweier großer europäischer Staaten, die zu unterschiedlichen Systemen und Bündnissen gehören“, bilden.
Gorbatschow verwies zwar noch einmal darauf, daß es im Vergleich zu anderen westeuropäischen Staaten zwischen der UdSSR und der BRD „spezifische Schwierigkeiten“ gebe - doch sei mittlerweile ein Grad an Verständigung erreicht, daß beide Seiten begreifen, daß es in ihrem Interesse liegt, die Schwierigkeiten nicht zu vertiefen und Verhandlungen nicht in „Sackgassen gleiten zu lassen“.
Wie um seinen guten Willen noch einmal deutlich zu unterstreichen, begrüßte Gorbatschow erstmals öffentlich die von US-Präsident Bush in Brüssel veröffentlichten Vorschläge zur konventionellen Abrüstung, und stellte mit „Genugtuung“ fest, daß die Abrüstungsinitiative aus der UdSSR erstmals nicht pauschal kritisiert, sondern „seriös beantwortet“ wurde. Es sei ermutigend, daß die Nato erstmals auch die Bereitschaft zeige, eigene Offensivwaffen in die Verhandlungen einzubringen und sich mit einer Truppenreduzierung in Europa einverstanden erklärt. Ausdrücklich knüpfte Gorbatschow auch noch einmal an die Debatte um die atomaren Kurzstreckenraketen an, für deren vollständige Beseitigung er sich nachdrücklich aussprach. Es bestehe jedoch kein Grund die Verhandlungen über diese Waffen weiter aufzuschieben, die von der Nato vorgebrachten Argumente für eine Zurückstellung der Verhandlungen seinen „nicht überzeugend“.
Die Replik des Bundeskanzlers darauf war bezeichnend: die UdSSR möge doch ihre Überlegenheit bei diesen Waffen durch einseitige Abrüstung verringern, das würde auch zukünftige Verhandlungen wesentlich erleichtern.
JG
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