Frauen und Schwerbehinderte in der Japanologie

■ Die Berufungskommission der Hochschule Bremen bekam die „Zusatzinformation“, daß Japaner Frauen leider nicht als gleichwertig akzeptieren

Die Japaner sind schon eine Marke für sich. Nicht nur daß sie so schrecklich bienenfleißig und überangepaßt sind und eine Regierung haben, die nur noch korrupt ist. Nein sie sind auch noch viel größere Chauvis als die Bremer. Vor allem letzteres Merkmal der Japaner wurde anno 1988/89 in Bremen intensiv diskutiert - in einer Berufungskommission der Hochschule Bremen. Deren Fachbereich Wirtschaft hatte für seine „Angewandte Weltwirtschaftssprache“ Japanisch die einzige Professur ausgeschrieben. Selbstredend - denn wir sind ja hier nicht in Japan - war die Stellenanzeige mit dem Zusatz versehen: „Frauen und Schwerbehinderte haben bei im wesentlichen gleicher fachlicher und personeller Eignung den Vorrang.“ Prof. Kemnitz, Vor

sitzender der Berufungskom mission und Projektleiter für „Angewandte Weltwirtschaftssprachen“: „Wir würden gerne unser Kollegium bereichern durch weibliche Kolleginnen.“ Bisher ist das 35köpfige HochschullerInnen-Gremium erst mit zwei Frauen bestückt.

Der Berufungskommission „Japanologie“, so Prof. Kemnitz gegenüber der taz, gab der Mitarbeiter des Hamburger Instituts für Asienkunde, Dr. Pohl, zu bedenken, „daß für Japaner die Frau leider noch dequalifiziert ist und im Wirtschaftsleben nicht so anerkannt ist wie ein Mann.“ Diese „Zusatzinformation“, so Kommissionsmitglied Prof. Kemnitz, habe bei der Bewerberliste allerdings keinen Einfluß gehabt. Denn man habe ausschließlich nach „Qualifikation“ entschie

den: Die Berufungsliste wird angeführt von einem Mann, und auf den Plätzen zwei und drei rangieren ein weiterer Mann sowie diejenige Frau, die als einzige BewerberIn eine Habilitation vorweisen kann, die Münsteraner Frauenforscherin Dr. Ilse Lenz. Diese Vorschlagsliste liegt inzwischen der Wissenschaftsbehörde vor.

Die Kommission hatte mitsamt ihren vier weiblichen Mitgliedern einstimmig für die männlich dominierte Liste gestimmt. Doch zwei unzufriedene Beteiligte plauderten aus, daß sich die Kommission entsprechend der „Zusatzinformation“ des Dr. Pohl auf die Devise geeinigt habe: „Wegen der nötigen Wirtschaftskontakte möglichst keine Frau auf diese Stelle zu setzen.“

Das kam schließlich zwei abge

lehnten Bewerberinnen zu Ohren, und die störten den Vorgang im nachhinein mit Briefen. Bewerberin Dr. Brigitte Kubota -Müller: „Ich habe sechs Jahre lang in Kanada und USA gelebt und an Elite-Universitäten japanische Sprache und Kultur gelehrt. Ich habe zweimal zwei Jahre in Japan an Hochschulen gearbeitet und einige Jahre im Rhein-Main-Gebiet bei japanischen Firmen - in der Wertpapierberatung, im Im-und Export. Darum bin ich ja so empört, wenn es heißt, daß ich als Frau die Qualifikation für Wirtschaftskontakte nicht einbringen kann. Wir leben doch nicht mehr im Mittelalter.“ Von dem Japanexperten der Bremer Berufungskommission, Dr. Pohl, hält sie nicht viel: „Wir kennen ihn seit 20 Jahren. Er hat eine persönlich verzerrte Fraueneinstellung.“

Die zweite Briefschreiberin ist die Japanologin und Politologin Dr. Gesine Foljanty: „Das Argument mit den Wirtschaftskontakten ist eine Unverschämtheit, wenn man unsere Lebensläufe sieht.“ Zwar hätten japanische Frauen tatsächlich in Japans Wirtschaft keine Chance, doch wüßten die Japaner, daß sie in Europa sehr wohl mit Frauen zu rechnen hätten. Gesine Foljanty: „Das ganze Programm zur Förderung von Frauen an den Hochschulen ist eine Farce.“ Sie selbst als Mutter zweier kleiner Kinder war gar nicht erst zum Vorstellungsgespräch geladen worden. Gegenüber der taz schlug Gesine Foljanty deshalb vor, Berufungskommissionen sollten künftig in den Akten der BewerberInnen die Angaben über den Namen und das Geschlecht, über den Familien

stand und die Kinderzahl schwärzen: „Die Kinderzahl ist 'ne unwichtige Information. Bei Männern spielt sie keine Rolle, und bei Frauen wirkt sie sich negativ aus.“

Die Hochschule Bremen habe den „Vorgang aufgrund des Streiks im Hauptgebäude noch nicht aufgearbeitet“, erklärte der Kanzler Henckel gestern, „aber den Vorwurf der Frauen -Diskriminierung möchten wir nicht gerne auf uns sitzen lassen.“

Die beiden Beschwerdebriefe sowie ein Brief der Gleichstellungsstelle liegen mittlerweile der Wissenschaftsbehörde vor. Die Gleichstellungsstelle fordert die BeamtInnen auf, die männlich geprägte Liste der Hochschule zurück zu geben. Die Wissenschaftsbehörde „prüft“ den Vorgang.

Barbara Debus