: Lehrer und leere Worte
■ AL-Umweltpolitiker beklagen schlechte Personalausstattung der Umweltbehörde Es gibt 771 neue Stellen für Lehrer, aber nur 27 für die Umweltverwaltung
Betrachtet die Umweltexpertin der Alternativen Liste Renate Hoff den Nachtragshaushalt des Senats, dann fallen ihr zwei Zahlen auf, die „sehr unverhältnismäßig“ nebeneinander stehen. Während die Senatsumweltverwaltung um nur 27 Stellen aufgestockt wird, soll Schulsenatorin Volkholz 771 zusätzliche Lehrer einstellen dürfen - mehr Menschen, als die 700, die jetzt in der ganzen Umweltbehörde beschäftigt sind. Ganz abgesehen von dem umfangreichen Reformprogramm, das Umweltsenatorin Schreyer bewältigen soll, schafft es die Umweltverwaltung jetzt schon nicht, die anstehende Arbeit zu bewältigen. Seit jeher gibt es ein - von keiner Partei bestrittenes - Vollzugsdefizit in der Umweltbehörde. Seit jeher fehlen Angestellte, um überhaupt den bestehenden Gesetzen Genüge zu tun, etwa bei der Kontrolle von Industriebetrieben oder in der Abfallwirtschaft. 500 neue Stellen wären eigentlich nötig gewesen, meint Renate Hoff.
Weit bescheidener war Umweltstaatssekretär Klaus Groth. Er hatte nur 47 Stellen gefordert. Noch einmal „sehr abgespeckt“ ging er dennoch nur mit 26 Stellen aus den Senatsberatungen. Heute will er im parlamentarischen Hauptausschuß in einem neuen Anlauf 26 weitere Stellen fordern. Wenigstens 20 könnte Schulsenatorin Volkholz hergeben, meint Groth. Doch selbst der AL-Parlamentarier Bernd Köppl will den Umweltstaatssekretär in der heutigen Sitzung des Hauptausschusses nicht unterstützen. Er solle doch, meint Köppl sarkastisch, direkt zu Schulsenatorin Volkholz gehen und dort die Stellen „rausleiern“.
AL-Parteifreund Hans-Jürgen Kuhn, Staatssekretär in der Schulverwaltung, verteidigt die gewaltige Beute seiner Senatorin. Ohne die 771 Stellen sei der Unterricht an den Schulen gefährdet, und, warnt Kuhn, der „Bereich Schule“ sei „sehr sensibel in der öffentlichen Wahrnehmung“. Ob im Gewässerschutz einige Angestellte mehr oder weniger arbeiteten, falle dagegen kaum auf, meint Kuhn. Daß die langfristigen Folgen eines schlechten Gewässerschutzes verheerender sein können, räumt der AL-Staatssekretär ein. Doch es ficht ihn nicht an. Mit 525 Lehrer-Stellen, so rechnet Kuhn vor, soll die Arbeitszeitverkürzung ausgeglichen werden, und die übrigen neuen Lehrer müßten her, weil jeden Monat 300 neue Schüler in die Berliner Schulen aufgenommen werden - die Kinder der Aussiedler und Übersiedler.
Ausgerechnet in der Umweltpolitik könnten die Reformversprechen des neuen Senats nur „leere Worte“ bleiben, fürchtet nun der für Umweltpolitik verantwortliche AL-Abgeordnete Hartwig Berger. Mit dieser Furcht steht er jedoch in der Lehrerpartei AL ziemlich allein. Auch in der SPD herrschen ganz andere Ängste, meint Klaus Groth. Die SPD, so seine Einschätzung, wolle in dem AL-geführten Umweltressort „nicht zuviel Erfolg hochkommen lassen“. Deshalb sei auch die SPD kaum bereit, die Ansprüche seiner Behörde zu befriedigen. „Die erkennen nicht“, meint Groth, „daß eine Koalition nur zusammen Erfolg haben kann.“
hmt
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