: BremerInnen wählten radikal
■ Rechtsradikale erzielten beste Ergebnisse aller nordeutschen Bundesländer / Grüne und SPD bundesweit Spitze
Bremens radikalster Ortsteil , das lehrt die Europawahl, liegt in Gröpelingen und heißt In den Wischen. Radikalität Nummer eins: Nur 34,44 Prozent der Wischener gingen überhaupt zur Wahl. Radikalität Nummer zwei: Die DKP erziehlte mit 9,68 Prozent ihr bestes Ergebnis in Bremen. Radikalität Nummer drei: DVU und Republikaner erreichten zusammen 22,6 Prozent der Stimmen. Spitzenreiter in der Siedlung mit Arbeitertradition ist nach wie vor die SPD mit 61 Prozent, Grüne, CDU und FDP spielen absolut null Rolle.
Die Ergebnisse In den Wischen sind in Bremen zwar Ausrutscher. Radikal, und zwar radikal rechts aber haben im Land Bremen 23.182 WählerInnen gekreuzt. Und zur Überraschung vieler obsiegten die Schönhuber-Radikalen in dem internen Kampf, wer denn die Stärkste der Rechtsparteien sei. 13.413 BremerInnen wählten Republikaner, 9.769 gaben der Frey-DVU ihre Stimme. Die Hochburgen der Republikaner sind alte Stammquartuere der SPD: Gröpelingen, Tenever, die Vahr und Lüssum.
Wahlkampf hatten die Republikaner im Gegensatz zu der millionenschweren DVU-Kampagne nicht geführt. Keine Plakate, keine Postwurfsendungen, kein verwaltungsgerichtliches Gerangel um Großkundgebungen; die Republikaner kamen allenfalls per Fernsehen in Bremer Stuben, um aus dem Mund des Bundesvorsitzenden zu betonen, daß sie
keine neonazistische Organisation seien. Der „Heimvorteil“ der DVU, die die Republikaner bei den Bürgerschaftswahlen noch nutzte der Frey-Truppe nur noch in Bremerhaven. Dort wählten 5,38 Prozent DVU, die Republikaner erreichten 4,67 Prozent.
Die Republikaner hatten bereits in der vergangenen Legislaturperiode zwei Sitze in der Bürgerschaft. Verantwortlich dafür: Querelen in der Bremerhavener CDU. Zwei Abgeordnete trennten sich und wechselten zum Schönhuber -Club. Trotz großer Wahlkampfanstrengungen bekamen die Reps den Bürgerschaftswahlen nur 1,19 Prozent.
Danach brachen die Bremer Republikaner auseinander. Der Landesvorsitzende, Lutz Hambusch, gründete eine neue Partei, die „Bremische Republikanische Partei.“ Bei der Trennung ging es auch um finanzielle Unregelmäßigkeiten und unbezahlte Rechnungen. So behauptet Hambusch, daß Schönhuber sich bis heute weigere, alte Wahlkampf-Anzeigen zu bezahlen.
Die Schönhuber-Getreuen sammelten sich um den Bremerhavener Bundeswehrangestellten Bodo Buschmann. Buschmann ist inzwichen Landesbauftragter der Republikaner, die von sich behaupten im Lande Bremen 30-40 Mitglieder zu haben.
Die Europawahl als Maßstab genommen, ist Bremen das nord
deutsche Bundesland mit dem größten rechtsradikalen Potential. Während in Hamburg DVU und Republikaner 7,5 Prozent erreichten, in Niedersachsen und Schleswig-Holstein „nur“ etwas über 6 Prozent Rechtsradikal wählten, kamen beide Parteien in Bremen auf zusammen 7,67 Prozent. Trotz der gegenüber den Bürgerschaftswahlen um 17 Prozent niedrigeren Wahlbeteiligung (59,67 %) erreichten die Rechtsradikalen 3.500 mehr Stimmen als im September 1987.
Doch nicht nur die Rechtsradikalen, auch die anderen Bremer Parteien sind Spitze, jede auf ihre Weise. Spitze im Wahlverlieren ist die CDU, die zwar weniger als
die Bundes-Partei insgesamt verlor, sich aber nach einem Minus von 7,67 Prozent bei ihrem Landtagsergebnis von 23,4 Prozent einzupendeln scheint. Damit ist die Bremer CDU bundesweit absolut Schlußlicht. Spitze auch die SPD. Deren Verluste lagen zwar mit 1,66 Prozent weit über dem Bundesdurchscnitt, doch nach wie vor dürfen die Bremer Sozialdemokraten mit ihren 45,71 Prozent von sich behaupten: Kein anderer Landesverband erzielt solch gute Ergebnisse wie wir.
Ein Stolz, den sie sich mit den Bremer Grünen teilen müssen. Auch die sind bundesweit gesehen Spitze. Dieses Mal legten sie um 1,9 Prozent zu und können
jetzt auf landesweit 13,77 Prozent verweisen. Ein noch besseres Ergebnis versauten die Bremerhavener Streithanseln. In der Seestadt verloren die Grünen 1,88 Prozent und liegen nun knapp unter zehn Prozent. Dagegen haben die Grünen in der Bremer Innenstadt zum Sturm auf SPD-Bastionen angesetzt. Inzwischen sind sie im Ostertor, Fesenfeld, Steintor und Barkhof stärkste Partei. In zahlreichen Innentadt-Quartieren haben die Grünen die CDU als zweitstärkste Partei weit überrundet. Weder radikal noch Spitze sondern einfach nur wieder über 5%: die FDP. Die Liberalen verbesserten sich um 2,5 auf 6,98 Prozent.
hbk
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