: Eiserner Vorhang im Osten
■ Rumänien baut Stacheldrahtzaun an der Grenze zu Ungarn / Flüchtlingsstrom soll eingedämmt werden / Ceausescus Antwort auf Liberalisierung im „Bruderland“
Budapest (afp) - Während die Grenzen zwischen West und Ost bröckeln, entsteht ein Eiserner Vorhang zwischen zwei sozialistischen Bruderländern. Rumänien stellt an der Grenze zu Ungarn einen mächtigen Stacheldrahtzaun auf, meldet die ungarische Nachrichtenagentur 'MTI‘. Mit diesem zwei bis zweieinhalb Meter hohen Drahtverhau will Staats- und Parteichef Ceausescu offenbar verhindern, daß noch mehr magyarischstämmige Rumänen nach Ungarn flüchten.
Die Flüchtlingswelle hat die Beziehungen der beiden Länder nachhaltig belastet. Außerdem hatte Rumänien nach der Rehabilitierung des ehemaligen ungarischen Ministerpräsidenten Imre Nagy eine Pressehetze gegen das Nachbarland gestartet und dessen Liberalisierungstendenzen verteufelt.
Die neue Sperre verläuft auf rumänischer Seite parallel zur Grenze, 20 bis 25 Meter von dieser entfernt. Beiderseits des Zauns befinden sich tiefe Gräben, die offensichtlich das Passieren von Fahrzeugen verhindern sollen. Die rumänischen Behörden haben außerdem einen 20 bis 25 Kilometer breiten Streifen zur Grenzzone ernannt, in die man sich nur mit einer Sondergenehmigung begeben darf. Das Betreten eines weiteren Sperrgebiets von 500 bis 1.000 Metern Breite entlang der Grenze ist grundsätzlich verboten, berichtet 'MTI‘.
Die Errichtung des Stacheldrahtzauns wurde durch einen in der Londoner 'Times‘ erschienenen Artikel bekannt. Die ungarischen Behörden seien im Februar von dem Vorhaben informiert worden, ergänzte die Zeitung. 'MTI‘ veröffentlichte daraufhin Stellungnahmen ungarischer Grenzbeamter, die keinerlei Anzeichen für den Bau einer Mauer bemerkt hatten, aber von der Errichtung eines Stacheldrahtzauns durch die Rumänen berichteten. Diese neue Vorrichtung sei zu 90 Prozent fertiggestellt.
Seit Ende 1987 sind über 30.000 Rumänen, zwei Drittel davon Angehörige der Minderheit magyarischer Herkunft, vor der Zwangsassimilierung durch die rumänischen Behörden und Ceausescus sogenannten „Systematisierungsplan“ der ländlichen Gebiete nach Ungarn geflüchtet. Nach diesem Plan sollen mehrere tausend kleine Dörfer dem Erdboden gleichgemacht werden.
Am letzten Donnerstag hatte die ungarische Regierung beschlossen, drei Lager für Rumänien-Flüchtlinge zu errichten. Derzeit entschließen sich wöchentlich 200 bis 300 Rumänen, die Grenze zu Ungarn endgültig zu überschreiten.
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