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East & West & Thunderstorm

■ 150. DACAPOkonzert: „Music Ensemble of Benares“ mit Paul Horn

Der Tablaspieler Prakash Maharai war krank geworden und konnte leider nicht mitspielen, aber dafür war eine mächtige und unberechenbare Pauke das gesamte Konzert über zu hören: das Donnern des großen Gewitters und das Rauschen des Regens lieferten einen natürlichen Klangteppich mit manchmal verblüffend gut passenden Kontrapunkten zur gespielten Musik. Die meterologischen Klänge schufen eine ganz eigene, intime Athmosphäre und gerade zu Paul Horn, der im Taj Mahal und in einer ägyptischen Pyramide spielte, um deren Akustik und Aura einzufangen, paßte dieser natürliche und nicht zu wiederholende Effekt ganz genau.

Die Musiker näherten sich behutsam einander: im ersten Teil des Konzertes stellten sich die Drei mit je einer großen Soloex

kursion vor, die Übergänge waren Duos. Nach Vikash Maharaj's ruhiger und sehr klassisch anmutender Introduktion auf der Sarod wirkte dessen Duo mit Horn seltsam nervös und eckig. Hier schienen, wie auch noch später einige Male, die Tablas zu fehlen - der Rhythmus, von dem die anderen sich hätten tragen lassen können. Später spielte Vikash Maharaj für einige Stücke die Tablas, aber auch dann fehlte (etwa in der klassischen Raga, die Maharaj ganz alleine spielte) das aufregende Zwiegespräch, für das die Brüder Maharaj berühmt sind.

Aber das blieb das einzige Manko dieses Konzerts. Paul Horn auf der C-, der Altflöte und bei den jazzigen Duos mit Friesen auch auf dem Sopransaxophon spielte nicht nur in seinem introvertierten Meditationsmusikstil,

in seinem Solo nutzte er Echo und die Tonschleife, um mit sich selber mehrstimmig zu spielen und seine Komposition „Happy Occation“ war als Zugabe wie ein fröhliches Zuwinken.

Auch David Friesen spielte auf dem von ihm selbst konstruierten Oregonbass durch Wiederholungen mehrstimmig, mit Echo und elektronischen Verfremdungen. Sein Stil war sehr melodiös und virtous; er wechselte blitzschnell von gestrichenen Bass zu seinem schönen, satten Sound aud dem gezupften Acousticbass und riss dann die Saiten an wie ein funkiger E-Bassist. Dabei verselbständigte sich die Technik aber nie, Friesen hörte genau auf die anderen.

Auch sonst spielte sich keiner in den Vordergrund. Das Ensemblespiel wirkte wie eine behutsame Annäherung zwischen indischer Musik und dem Jazz, wobei große Showeffekte a la „Shakti“ ganz fehlten. Es gab im zweiten Teil des Konzerts spannende Duopassagen im Frage und Antwortstil, der für die indische Musik typisch ist, und bei einigen Stücken begleitete Günther Paust auf der Tambura.

Es war ein schönes Konzert, bei dem ich bald meinen leichten Unmut über das Publikum vergaß, das mir zum Teil allzusehr die Erleuchtung, den neusten Newage-Trend oder die uralte Hippie-Exotik zu suchen schien. Aber DACAPO hatte bei seinem 150. Konzert ein volles Haus und gute Musik hat noch niemandem geschadet.

Willy Taub

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