: Ingrid Strobl
Obwohl die Bundesrepublik in den 40 Jahren ihres Bestehens manche Fortschritte in Richtung Demokratie geamcht hat, ist die Justiz in diesem Land, meiner Meinung nach, immer noch unter dem Schatten der NS-Vergangenheit geblieben; neuestes Beispiel ist das Gesinnungsurteil gegen Frau Strobl. Daß Frau Strobl zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt wurde, ist nicht nur rechtsstaatlich unerträglich, sondern erweckt doch den Eindruck, daß es hier um Rache geht, wie die taz vom 10.6.89 kommentiert.
(...) Übrigens gab es in dieser Woche noch ein Gesinnungsurteil, in Stuttgart-Stammheim, gegen Herrn Uli Winterhalter. Obwohl die Anklage unter § 129 a fallengelassen wurde, bekam der Angeklagte eine dreimonatige Haftstrafe. Trotz acht Monten Untersuchungshaft ist Herr Winterhalters Antrag auf eine Haftentschädigung für die fünf Monate abgelehnt worden. Daß es diese Art von Schutzhaft (welche mich auch an die jüngste deutsche Geschichte erinnert) immer noch gibt, scheint mir als weiterer Beweiß dafür, daß oft in diesem Land einer schuldig bleibt, bis er seine Unschuld beweisen kann. Dieses trifft im Falle Ingrid Strobl ohne Zweifel auch zu.
Daß die deutsche Justiz ihr linkes Feindbild, koste es was es wolle, aufrecht erhalten will, liegt auf der Hand. Das Verhalten von Staatsanwalt und Richter in diesem Prozeß erinnert mich an zwei meiner berüchtigten Landsleute, Senator Joseph McCarthy und J.Hoover. Daß es hier wenigstens keine Todesstrafe gibt, ist für mich kein Trost.
Gary Utterson, Remseck 2
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