: Streicheleinheiten für Sozialsenator Scherf
■ Senator als Gastgeber in geselliger und arbeitsamer Runde seiner Amtskollegen / Arbeits- und Sozialminister der Länder tagten in Bremen
Zu hohen Ehren kam Bremens Rathaussaal und Vorzeigestube in den letzten drei Tagen: Sozialsenator Henning Scherf hatte seine Amtskollegen der übrigen Bundesländer zu Gast: Zum Arbeiten, versteht sich. Auf ihrer 66. Konferenz (ASMK) debattierten und
beschlossen die Minister und Senatoren für Arbeit und Soziales so wichtige Grundsatzfragen wie Arbeitsförderungsgesetz, Sozialhilfe und Aussiedlerfrage.
Erstmals trafen in Bremen übrigens die Ländervertreter mit einer 6:5 Mehrheit der sogenannten
A-Länder (SPDregiert) gegenüber den CDU-geführten B-Ländern zusammen. Entsprechend unterschiedliche Positionen zu den einzelnen Arbeitsgebieten wurden in den Beschlüssen deutlich: Einmütig stehen die Sozialminister hinter dem Vorschlag, der Sozialhilfe künftig ein statistisches Bemessungsmodell zugrundezulegen. (vgl. taz v. 23.6.)Der alte Warenkorb soll spätestens ab 1990 vergessen sein. Entgegen der Meinung von Kritikern erhalten die Sozialhilfeempfänger dann rund 10 % mehr im Monat. Noch haben die Minister trotz aller Einmut diese Neuerung jedoch heftig zu verteidigen: Gemeinsame Gefechtslinie sind die Finanzminister. Sie sehen Mehrbelastungen auf ihre Haushalte zukommen und fordern rigide „Kostenneutralität“. „Sparmaßnahmen dürfen nicht zulasten der Armen gehen“, sagen dagegen die Sozialminister, die sich in beinahe jahrzehntelan
ger Diskussion auch mit wissenschaftlichen Experten auf dieses neue Modell geeinigt haben.
Die Arbeitsförderung, keineswegs so einmütig zwischen A und B-Ländern auszuhandeln, habe eine generelle Novellierung nötig: Da das entsprechende Gesetz aus Zeiten der Vollbeschäftigung stammt, ist nach Meinung der sozialliberalen Minister-Fraktion jetzt ein Instrumentarium zur Bewältigung der Langzeitarbeitslosigkeit gefragt. Die BFA-Ausgaben für Umschulung, Qualifizierung und Lohnersatz sollen lieber für „echte“ Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen verwendet werden, so die sozialliberale Minister-Fraktion. Die regierungstreuen Minister dagegen plädieren für eine marktwirtschaftliche Lösung der Arbeitsmarktprobleme und nennen Erfolge des „wirtschaftlichen Wachstumspfads“. Dazu Hamburgs Arbeitssenator Runde: „Der nächste Abschwung kommt
bestimmt - und zwar auf dem Sockel von 2 Mio Arbeitslosen.“
Dann wieder einvernehmlich klagen die Sozialpolitiker beim Bund stärkere Finanzhilfen zur Unterbringung und Integration von Aussiedlern ein: Notwendige Arbeits- und Wohnungsbau programme sind von Ländern und Gemeinden allein nicht zu schaffen: „Sonst haben wir bald Zeltstädte für Aussiedler in manchen Städten,“ Beifall der KollegInnen für diese Pointe von Nordrhein-Westfalens Sozialminister Hermann Heinemann.
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