: Strafanzeige gegen Generalstaatsanwalt
■ BKA hörte beim eigenen Rauschgiftcoup rechtswidrig ab, Staatsaanwaltschaft erteilte fahrläßig Genehmigung - oder umgekehrt
Bremens leitender Staatsanwalt Heinz Hermann Brauer ist in einer wenig beneidenswerten Lage. Ausgerechnet gegen seinen Vorgesetzten, Bremens Generalstaatsanwalt Hans Janknecht, gegen Mitarbeiter des BKA und weitere führende Beamte der Bremer Ermittlungsbehörden soll Brauer Ermittlungen wegen des Verdachts „der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“, zu
laiendeutsch: illegalen Telefonabhörens einleiten. Janknecht, seine Kollegin Graalmann und BKA-Beamte stehen im Verdacht, im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen einen mutmaßlichen Rauschgiftring rechtswidrig Telefonüberwachungen genehmigt bzw. - wider besseres Wissen
-geduldet zu haben. Das ist jedenfalls die Auffassung eines der Verteidiger der seit einem
Jahr in Untersuchungshaft sitzenden Südamerikaner, die das BKA für Kokainhandel im Schwarzmarktwert von 50 Mio Mark verantwortlich macht. (vgl. taz vom 23.6.). Bei Staatsanwalt Brauer stellte der Verteidiger gestern Strafanzeige.
Tatsache und vom BKA inzwischen eingeräumt ist: Der gesamte Coup von der Beschaffung des Kokains in Ecuador bis zu seiner Deponierung
in zwei Bremerhavener Schließfächern wurde vom BKA im Mai 1988 selbst durchgeführt, um am 19. Mai bei der Staatsanwaltschaft die Telefonüberwachung mehrerer, angeblich der „der illegalen Rauschgifteinfuhr“ Verdächtiger zu beantragen. Auf Antrag der Bremer Staatsanwältin Graalmann wurden die gewünschten Abhörgenehmigungen erteilt.
Rückschluß des Verteidigers und Grundlage seiner Strafanzeige: Da von „Rauschgifteinfuhr“ keinerlei Rede sein konnte, hat entweder das BKA die Staatsanwaltschaft über den selbstinszenierten Coup im Unklaren gelassen und die Abhörgenehigungen unter Vorspiegelung falscher Tatsachen erwirkt oder die Staatsanwaltschaft hätte die Abhörgenehmigungen unter gar keinen Umständen erteilen dürfen.
In Wahrheit ging es dem BKA offensichtlich darum, durch die Telefonüberwachung nachträglich das belastende Material zu finden, das zur Bewilligung der Telefonüberwachung schon vorher hätte vorliegen müssen.
Generalstaatsanwalt Janknecht sah gestern dennoch keinen Grund, an seinen Entscheidungen zu zweifeln. Allerdings räumte Janknecht mögliche Differenzen ein „zwischen dem tatsächlichen Geschehen, meinem Erkenntnisstand zum fraglichen Zeitraum und meinem heutigen Erkenntnisstand.“ Vom BKA habe er erstmals am 27. Mai, also nach Erteilung der Abhörgenehmigungen, einen Bericht über den Sachstand bekommen. „Auf dieser Grundlage wurden alle Entscheidungen nach pflichtgemäßem Ermessen geprüft.“
K.S.
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