: Lebenszaubär auf Video
■ Blue Box zeigt der Video-Szene neue Produktionen
Das Bremer Kultur-Cafe am Fedelhören ist voll. Auf drei Fernseh-Schirmen laufen Videos, Bremer Produktionen aus den Jahren 1988/89. Kurze knappe Ansage, einige Probleme mit der Tecthnik, dann geht es los. Schuhe. Schuhe die Treppe hoch, Schuhe die Treppe runter. Dazu Töne, mal ein bißchen Kitaro, mal bedrohliche Töne. UPS AND DOWNS haben die Schüler des Schulzentrums Holter Feld ihren 9 Minuten Video-Streifen genannt. Die Turnschuhe bewegen sich zunächst treppauf, später treppabwärts, irgendwann taucht die Kontur einer Wendeltreppe auf, Kamera-Führung von oben tief hinunter - da liegt einer, unten. Runtergefallen? Hinabgestürzt? Selbstmord?
Die Metapher „Schuhe“ scheint die Klasse der Lehrerin Ortrud Staude fasziniert zu haben. Zum Schüler-Wettbewerb „Video aktiv“ 1989 kamen auch zwei andere: Wohin, die biografische Aufzeichnung des Frauenlebens - Babyfüßchen, Kinderschuhe, Mädchenschuhe, Tanzstunden-Stöckel mit ihren anmutig verlegenen Bewegungen, Heirats-Schuhe, Babyfüßchen... Nach drei Durchgängen landen die Heirats -Schuhe unvermittelt im Papierkorb. „Kein Emanzenfilm“ soll das sein, sagt eine der Schülerinnen, die am Film beteiligt waren. Es war ihr erster Film, aber große Lust auf Video hat sie nicht bekommen während der Projektwochen.
Ein dritter SchülerInnen-Film: „DIE ABSTRRUIVITÄT DES NEGLOMATIVEN...“. Rot verfremdete
Körperteile schienen miteinander zu kommunizieren, die Stimmen waren aber gestückelt, machten zusammen einen Hühnerstall-Klang, aus dem sie sich zu orgiastischen Lauten steigerten. „Dilemma“ sagt das Programmheft, „Exitus“ - kann auch sein.
Eine absurde Komödie „Brooklyn Bridge“ in der Ruine des Stadtbades, war im Programm und „Lebenszaubär“, die Geschichte eines richtigen studentischen Clauchards, der es sich unter der Weser-Brücke gemütlich macht. Mittels einer im Müll gefundene Tüte Gummi-Bärchen hebt er den Schatz seiner Träume ... und kotzt sie aus.
Ein eindrucksvoll schrecklicher Film war dabei: Welt im Film/Bild, ein Zusammenschnitt von Horror-Ansichten der Welt, die eine des Filmes ist, zusammengestellt von Ronald Gonko. Nett und unterhaltsam dagegen Don't worry be happy, die Geschichte der Unglücke, die das Sesam-Tier Freddy Spaß machen und eine arme StudentIn des Fachbereiches 10 der Uni die Laune am Morgen verderben können. Auflösung: die Studentin dreht dem armen Freddy den Hals um - und nun ist sie „happy.“
Jutta Beyrich vom Filmbüro legte eingangs Wert auf die Feststellung, daß diese Filme - am Sonntag abends gings weiter - völlig ohne Filmförderung zustande gekommen sind. Das sah man ihnen an, auch die technische Ausstattung von Blue Box stinkt nicht nach Staatsknete. Aber das Publikum schien mehr nicht zu erwarten.
K.W.
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