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Einstürzende Weltbilder

■ Pokalfinale der Frauen: TSV Siegen - FSV Frankfurt 5:1 DFB-Vizepräsident will knutschen

Frauen sind unfähig, beide Hände mit gleicher Geschicklichkeit zu gebrauchen. So jedenfalls begründete dereinst der griechische Philosoph Philo (700 v.u.Z.) seine Ablehnung sporttreibender Frauen; nicht ahnend allerdings, daß sie es 2.000 Jahre später sogar mit den Füßen versuchen würden. Zudem - wie am Samstag beim DFB-Pokalendspiel zu sehen war - ausgesprochen erfolgreich.

Vor allem die Spielerinnen des TSV Siegen bewiesen ausgesprochene Geschicklichkeit im Umgang mit Fuß und Ball, während es bei den Frankfurterinnen gelegentlich doch arg holperte. Folglich erspielten sich die Siegenerinnen zum vierten Mal in Folge den Pokal, der diese Bezeichnung aber zu Unrecht trägt, sieht er doch aus wie eine verchromte Rolle Klopapier.

Bereits in der 18. Minute stand der Pokalsieger fest. Da hatte Silvia Neid schon ihren zweiten Treffer erzielt und ihren Ruf als gefährlichste Torjägerin des bundesdeutschen Frauenfußballs bestätigt. Danach war nur noch die Höhe des Ergebnisses fraglich. Makulatur waren auch die Hochrechnungen des FSV Frankfurt. Aus der bisherigen Bilanz im DFB-Pokal (2:0 gegen den VfR Saarbrücken; 3:0 gegen Bayern München, 4:0 gegen den TuS Ahrbach) hatten sie scherzhaft einen 5:0 Finalsieg extrapoliert.

Nach dem 0:3 durch Edith Kern zeichnete sich nach 36 Minuten schon das umgekehrte Ergebnis ab. Als in der 46. Minute ein Schuß von Katja Kraus abermals nicht unter Kontrolle gebracht werden konnte, nutzte Martina Voss die Gelegenheit und rollte den Ball gar zum 0:5 ins Eck.

Sportliche Frauenkämpfe entspringen den Emanzipationsbewegungen exzentrischer Frauen, die die Fesseln der Natur und Sitte durch Extravaganzen sprengen wollen; diesem Tun liegt kaum eine sportliche Absicht zugrunde.

Angesichts des Kampfgeistes der Finalgegnerinnen hätte sich Juvenal, Schriftsteller der römischen Kaiserzeit, wohl im Grabe herumgedreht. Der Einsatz medizinischer Betreuer wurde aber nur nach eher unglücklichen Zusammenstößen nötig, denn Fairneß zeichnete die Kickerinnen aus. Ein Gerangel im Strafraum der Siegenerinnen wurde dann doch mit einem Elfmeter geahndet. Britta Unsleber, einzige Nationalspielerin beim FSV Frankfurt und mit 23 Jahren die älteste der jungen Frauschaft, erzielte so wenigstens den Ehrentreffer.

Das Fußballspiel ist ein männliches Spiel, da durch Stoßen des Balles mit dem Fuß, neben prächtigen Bewegungsbildern auch ungewöhnliche Beinstellungen und Körperhaltungen zustande kommen.

Diese männliche Identitätsneurose des Buchautors Eppensteiner in den 60er Jahren teilen auch heute noch einige Journalisten. Mit anzüglicher und abfälliger Berichterstattung suchen sie ihr vom Einsturz bedrohtes Weltbild zu retten. Von den Fans im Stadion gab es zwar heftigen Beifall für die Siegerinnen aus Siegen, aber auch tumbe „Ausziehen, Ausziehen„-Rufe bei der Ehrenrunde.

Zudem mußte die Frauschaft des TSV Siegen bei der Übergabe des Pokals auch noch das Geknutsche des greisen DFB -Vizepräsidenten Andres über sich ergehen lassen. Alles hat eben seinen Preis.

Daniela Hutsch

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