: Polizei zeigte sich friedlich beim DFB-Finale
■ Ordnungshüter als Dienstleistungs- und Service-Unternehmen für die Fußballfans / Hase und Igel-Spiel mit den Fans soll gewalttätige Ausschreitungen außerhalb des Stadion verhindern / Fortsetzung wirksamer Fanprojekte gefordert
Beim Fußballpokalendspiel zwischen Borussia Dortmund und Werder Bremen kam es wider Erwarten nicht zu Ausschreitungen. Die befürchteten Verbrüderungen zwischen Skinheads und anreisenden Fans blieben aus. Die 25.000 Dortmunder und 10.000 Bremer Fans erwiesen sich als friedliche Fußballfreunde. Die Polizei setzte unter der Gesamteinsatzleitung von Polizeidirektor Hanisch nach eigener Aussage auf Deeskalation. Die taz sprach mit Polizeirat Jörg Kramer, der an der Einsatzleitung beteiligt war.
taz: Wie hat die Polizei sich auf das Fußballwochenende vorbereitet?
Jörg Kramer: Unsere Strategie war von Anfang an auf 75.000 friedliche, sportbegeisterte Zuschauer eingestellt. Diesen wollten wir, die Berliner Polizei, ein staatliches Dienstleistungs- und Service-Unternehmen sein und mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Nach dem Prinzip „Deeskalation“?
Ja, unter der großen Überschrift „Deeskalation“. Das ist ja inzwischen keine Polizeistrategie mehr, das ist inzwischen eine Philosophie.
Wie wurden die anreisenden Fans von der Polizei in Empfang genommen?
Wir haben Flugblätter verteilt mit einem kurzen Begrüßungstext und einer Karte mit Wegweisungen. Außerdem hatten die Beamten demonstrativ nicht den Einsatzanzug an, sondern die grün-beige Uniform. Sie hatten die strikte Weisung, mit den Ankommenden den Dialog zu suchen und sich helfend darzustellen.
Angeblich soll ein Zug mit Bremer Fans von der Polizei gestürmt worden sein.
Davon kann keine Rede sein. Ein am Samstag einlaufender Zug war uns wegen einiger Zwischenfälle während der Fahrt als mit gewalttätigen Fans besetzt angekündigt worden. Ein starkes Polizeiaufgebot war bei seinem Einlaufen auf dem Bahnhof vorhanden, doch haben wir uns ausschließlich darauf beschränkt, präsent zu sein. Auf dem Bahnhof kam es zu einer prekären Situation, als es zu voll wurde. Doch der Schatzmeister des Dortmunder Vereins zog mit den Fans, die mit Sprechchören „Fußball ja, Randale nein“ skandierten, vom Bahnhof in die Stadt. Dort kam es aufgrund konkreter Straftaten kleinerer Art zu sieben Freiheitsentziehungen.
Im Stadion kam es auch zu zwei Verurteilungen.
Das war eine sehr schöne Sache. In einem Block von Skinheads haben zwei Personen während der Nationalhymne nationalsozialistische Parolen gezeigt. Mittels Videokameras konnten sie im Anschluß an das Spiel von Polizeikräften festgenommen werden.
Wie sieht die Strategie der Zukunft aus?
Es hat sich gezeigt, daß Ausschreitungen desto unwahrscheinlicher sind, je voller es im Stadion ist, weil dann keine „Fanwanderungen“ zwischen den Blöcken stattfinden können. Wir werden uns mit der Unterstützung der Staatsanwaltschaft und der Gerichte darauf einstellen, Bilder, wie sie noch vor wenigen Wochen von neonazistischen Gruppen geboten wurden, zu verhindern. Mit starkem Aufgebot wollen wir Hitlergruß und andere faschistische Parolen unterbinden. Wir werden die Personalien feststellen, und es dem DFB (Deutscher Fußball Bund) ermöglichen, Hausverbote zu erteilen.
Was will die Polizei für die Sicherheit außerhalb des Stadions tun, die in den letzte Wochen nicht gewährleistet war?
Wir werden uns, nach dem bekannten Hase und Igel-Spiel, immer vor den Fans an den neuralgischen Punkten befinden und Straftäter dieses Bereichs beweissicher festnehmen. Wir werben in Richtung Politik für das Fortbestehen eines wirksamen Fanprojekts unter Mithilfe von Soziologen, Psychologen und Sozialarbeitern. Wir meinen, daß schon im Vorfeld eine Menge zur Bekämpfung dieses Phänomens getan werden muß.
Interview: Daniela Hutsch
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