: Verschiebt Kohl den Polen-Besuch?
Kein neuer Termin für die Fortsetzung der deutsch-polnischen Vorverhandlungen angesetzt / Keine Einigung über die Modalitäten bundesdeutscher Finanz- und Wirtschaftshilfe / Druck auf das verschuldete Polen ■ Aus Bonn Ferdos Forudastan
Helmut Kohl reist so bald wahrscheinlich nicht nach Warschau. Die bisher vom 18. bis 21. Juli geplante Polen -Visite scheint verschoben zu sein, weil Bonn und Warschau sich über Einzelheiten bundesdeutscher Finanz- und Wirtschaftshilfe für Polen noch nicht einigen konnten. Die beiden mit den Verhandlungen über das Finanzpaket und der Vorbereitung des Kohl-Besuchs befaßten Regierungsbeauftragten, Horst Teltschik und der Pole Ernest Kucza, haben ihre siebte Verhandlungsrunde am Montag in Bonn ohne konkrete Ergebnisse beendet. Noch ist kein Termin für ein weiteres Gespräch vereinbart.
Warschau hat fast alle Bonner Wünsche erfüllt, Bonn bleibt dagegen mit seinen Vorschlägen hinter den polnischen Vorstellungen von bundesdeutscher Wirtschaftshilfe ziemlich weit zurück - so kann man zusammenfassen, weshalb die Verhandlungen nicht recht vorankommen. Zwar hat Bonn Polen einige Finanzvorschläge gemacht: Es sollen neue Hermes -Kreditbürgschaften für aussichtsreiche Projekte gewährt werden, einen Teil des sogenannten Jumbo-Kredits von 1975 will Bonn den Polen erlassen, der Restbetrag soll in Zloty zurückgezahlt werden, und schließlich hat Bonn zugesagt, sich im sogenannten Pariser Club für eine großzügige Schuldenregelung einzusetzen. Was die Polen an den Bonner Zusagen vor allem vermissen, sind genaue Zahlen. Daß sie nicht genannt werden, begründet Bonn mit haushaltsrechtsrechtlichen Problemen.
Hingegen hat sich die polnische Regierung schon Anfang des Jahres bereit erklärt, die Wünsche der Bonner Regierung zur Realisierung des „Deutsch-polnischen Ausgleichs“ nachzukommen. So wird sie etwa Kulturinstitute errichten und einen Jugendaustausch organisieren. Wie weitgehend in Anbetracht der deutsch-polnischen Geschichte einige andere Zugeständnisse sind, wird in Bonn eher heruntergespielt: Die Polen erkennen offiziell an, daß in ihrem Land eine deutsche Minderheit lebt, und sichern zu, für diese den Erhalt der deutschen Sprache zu fördern. Außerdem ist Polen damit einverstanden, daß in Zukunft deutsche Ortsbezeichnungen im deutschen Text offizieller deutsch-polnischer Schriftstücke verwendet werden. Schließlich darf Bonn in Zukunft deutsche Soldatengräber auf polnischem Boden pflegen.
Die harte Haltung der Bundesregierung bringt das wirtschaftlich angeschlagenen und im Ausland hoch verschuldete Polen in Zeitdruck. Gerade dies scheint beabsichtigt zu sein. Aber auch nach den Vorstellungen Bonns soll die Reise ganz bald stattfinden - so lange Zeit vor der Bundestagswahl 1990 wie möglich. In Regierungskreisen geht man davon aus, daß die Wirtschaftshilfen für Polen besonders bei den rechten Wählern nicht gut ankommen. Für diese Überlegung spricht auch, daß CSU-Chef und Finanzminister Waigel seine Zustimmung zu den bisherigen finanziellen Zugeständnissen über den Tag der Europawahl hinaus geheimgehalten, um den „Republikanern“ nicht noch mehr Wähler zuzutreiben. Außerdem hat die CSU auch die geplante Polen-Reise von Bundespräsident Richard von Weizsäcker zum 1. September, dem 50. Jahrestags des Nazi-Überfalls auf Polen und damit des Beginns des Zweiten Weltkriegs, verhindert.
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