: Der Herkules tritt an
■ Günther von Lojewski führte sich auf einer Personalversammlung als SFB-Intendant ein / Belegschaft überreicht zum Einstieg eine Mistgabel
Ein Haus mit offenen Türen und keine Bunkermentalität wünscht er sich - der neue Intendant des SFB. Bei seiner Einführungsrede bat Günther von Lojewski vor der SFB -Belegschaft um Zusammenarbeit, die MitarbeiterInnen überreichten ihrem neuen Chef zum Start eine Mistgabel - in Anspielung auf ein Interview, das Lojewski nach seiner Wahl der Zeitschrift 'Hör zu‘ gegeben hatte. Darin zeigte sich der ehemalige BR-Mann erfreut über einen Hörerbrief, der ihn aufforderte, den SFB wie seinerzeit Herkules den Augiasstall auszumisten.
In seiner Laufbahn hat sich Lojewski nicht nur das „Goldene Sportabzeichen“ (wie er bei seiner Vorstellung im Rundfunkrat vermerkte), sondern auch die „Saure Gurke“ für besonders frauenfeindliche Sendungen selbst erarbeitet. In seinem neuen Wirkungsfeld ist er nun mit einer Dienstvereinbarung zur Frauenförderung konfrontiert, der er auf der gestrigen Personalversammlung offenbar nur untergeordneten Wert beimaß. Ob Mann oder Frau, Raucher oder Nichtraucher, evangelisch oder katholisch, bei Lojewski kommt es nach eigenem Bekunden auf die Leistung an.
Ansonsten blieb seine Rede nach Einschätzung von Mitarbeitern vage und allgemein und zeichnete sich eher durch überhöhte Rhetorik und einen Hang zum Visionären aus. Wie George Bush von Berlin als Drehscheibe des Ost-West -Handels, träumt Günther von Lojewksi von der Ost-West -Drehscheibe in Sachen Kommunikation. Zu heikleren Punkten, wie zum Beispiel Eingriffen des Intendanten ins Programm, wollte er sich allerdings weniger konkret äußern.
Abwarten lautet im Moment die Devise unter den Mitarbeitern im SFB - zumindest unter denen, die aus ihrer Ablehnung gegen den Import vom Bayerischen Rundfunk nie einen Hehl gemacht haben. Die Stimmung schwankt zwischen Resignation und der Erkenntnis, daß dies nicht der letzte Intendant sein wird, den der Sender überlebt. Die Wahl des CSU-nahen Lojewski im April hatte eine Protestwelle vor allem innerhalb des SFB ausgelöst. Der Redakteursausschuß sprach von der „dritten katastrophalen Personalentscheidung“ des Rundfunkrates, nachdem sich bereits die Intendanten Löwe und Herrmann mit horrenden Pensionsansprüchen in den vorzeitigen Ruhestand begeben hatten. Berliner SchriftstellerInnen protestierten ebenso gegen die Wahl wie der Berliner Frauenbund oder die AL. Selbst Kultursenatorin Anke Martiny äußerte Zweifel, ob der nach ihrer Meinung „bis ins Doktrinäre verengte Journalist“ der Richtige für den Posten ist.
Bleibt abzuwarten, ob Lojewski die Mistgabel nur als Zierde für sein Amtszimmer verwenden will, wie er gestern ankündigte. Herkules, so ein SFB-Mitarbeiter, hat jedenfalls billiger gearbeitet.
taz
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