: Schwule Klischees statt lesbischer Selbstdarstellung
■ SFB-Hörfunksendung zum Christopher Street Day vom 24.6.89
Der SFB 2 kündigte sich als besonders lesben- und schwulenfreundlich an: zum 20jährigen Jubiläum des Christopher Street Day (CSD) eine dreistündige Sondersendung!
So weit, so gut - oder besser so schlecht, denn frau/mann sollte sich schon überlegen, wie berichtet wird. Am liebsten hätten wir unser Radio zertrümmert: drei Stunden Berichte - und kein einziger eigenständiger über bzw. von Lesben!
Aber auch die Beiträge, die Schwule betrafen, waren nicht dazu angetan, eine größere gesellschaftliche Akzeptanz zu erreichen. Es ging fast nur um AIDS samt anschaulicher Gebrauchsanweisung für ein Präservativ. Der Pepp sollte in die Sendung durch Umfragen zum Thema „Unterhosen“ und das „schwulste Wort“ kommen. Ersteres konzentrierte sich auf Streifen und Baumwolle, letzteres brachte den altbekannten „Detlef“ und die Neuerung „Heilbuttschnittchen“ zutage. Die richtige Stimmung wollte dabei aber auch nicht aufkommen.
Resumee: Die Schwulen wurden reduziert auf Krankheit und schlüpfrige Sexualität.
Bei diesen schwulenorientierten Themenschwerpunkten ist klar, daß Lesben nur auftauchen im sprachlichen Zusammenhang „Lesben und Schwule“ als Bezeichnung gesellschaftlicher Gruppierungen. Die geladenen Gäste Anne und Walter Momper waren allerdings die einzigen, die diese sprachliche Sichtbarmachung von Lesben artig durchhielten, was den ModeratorInnen nicht gelang. Mompers hatten hörbar Übung im Umgang mit schwul-lesbischer Thematik, und sie versuchten eine Vermittlung für die „Stinknormalen“.
Als wir 20 Minuten vor Schluß die Sendung ausschalten wollten, glaubten wir unseren Ohren nicht zu trauen: Eine Frauenstimme verkündete, daß die Lesben im Zusammenhang mit der Schwulenbewegung nie so richtig zur Geltung kämen, und wir machten uns auf 20 kurze Minuten über Lesben gefaßt. Aber weit gefehlt! Im folgenden Beitrag erfuhren wir, daß die Lesben nicht immer so richtig wollten mit den Schwulen (die Hintergründe dieses Problems wurden nicht weiter geklärt). Und nun wurde ein Schwuler von der CSD -Vorbereitungsgruppe befragt, wie wir Lesben uns denn so aufführten bei der Zusammenarbeit. Da hatte er auch prompt einiges zu beklagen: Die Lesben legten eine „Haben -Mentalität“ an den Tag, meinte er. Als Beispiel brachte er das Aufruf-Plakat zum CSD, bei dem die Lesben auf Parität bei der Darstellung bestünden, was die Kreativität in der Gestaltung doch erheblich einschränke!? Es ist ein Skandal, daß in einer dreistündigen Sendung über den CSD Lesben kein Platz eingeräumt wird. Das kann für uns nur heißen: Unsere „Haben-Mentalität“ scheint nicht genügend ausgeprägt, und wir müssen fordern, daß lesbisches Leben und lesbische Probleme zu Wort kommen! Vertreterinnen de
lesbenpolitischen Ratschlag
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