Behinderte wollen zu Olympia

■ Zur Durchsetzung der Forderung wird international ein organisatorischer Rahmen aufgebaut

Berlin (taz) - Seit den Paralympics in Seoul, den aufwendigen und erfolgreichen Spielen der Behinderten, wird eine Frage diskutiert: Sollen behinderte Sportler an den Olympischen Spielen teilnehmen? Gleich in ihrer Eröffnungsrede des Symposiums hatte die Berliner Senatorin für Wissenschaft und Forschung, Barbara Riedmüller-Seel, klar Stellung bezogen: „Wer behinderte Sportler von den Olympischen Spielen ausgrenzt, tut unrecht.“

Das freute vor allem Robert Steadward, Präsident des kanadischen Behinderten-Sportverbandes. Der Sportwissenschaftler aus Edmonton hatte in Seoul an den IOC -Päsidenten Samaranch eine Studie mit dem Vorschlag übergeben, einige Sportarten Behinderter in das Programm der Olympiade aufzunehmen.

In Berlin wurde Steadward konkreter. Diese Woche trifft er Samaranch in Lausanne und teilt mit, was mittlerweile für olympiareif gehalten wird: der Marathonlauf und Basketball für Rollstuhlfahrer, eine Sprintstrecke für Blinde in der Leichtathletik und im Schwimmen. „Ich kann mir gut vorstellen, daß es nach dem 100-Meter-Finale einen Endlauf der Blinden gibt.“

Im Bereich Wintersport soll es, so Steadwards Vorstellungen, bereits 1994 olympisches Gold für den Abfahrtslauf im Krückenski geben. Überhaupt drängt der Kanadier: „Was spricht dagegen bereits bei den Sommerspielen 1996, also dem hundertsten Geburtstag, Wettbewerbe der Behinderten in Athen gibt?“

Daß dieser Zeitplan durchaus realistisch ist, soll jetzt in Lausanne Antonio Samaranch begreifen. Vor allem soll der Spanier erklären, wer in Zukunft Ansprechpartner sein wird: „Ich kann mit vorstellen, daß wir mit dem kanadischen NOK weiterverhandeln können.“ Es sein einfach wichtig, die begonnenen Gespräche nicht abbrechen zu lassen.

Zur Zufriedenheit verlaufen die nicht immer. Beim ersten Treffen Ende Februar in Calgary erschien der IOC-Chef gänzlich unvorbereitet. Obwohl Steadward enttäuscht war darüber, ist es für ihn nach wie vor ein ermutigendes Zeichen, „wenn die Spitze des IOC weiter mit uns über unsere Idee spricht“.

Zustimmung findet Steadward mit seinen Vorstellungen bei Reiner Krippner, dem neuen Präsidenten des Deutschen Behinderten-Sportverbandes (DBS): „Gangbarer Weg.“ Nur den Zeitplan des Kanadiers erscheint ihm „nicht zwingend“, er legt vielmehr Wert auf ein „homogenes Teilnehmerfeld“. Und wenn dann, 1996 oder später, einige Disziplinen des Behindertensports im Programm sein sollten, müsse der Weltöffentlichkeit „wirklicher Wettkampfsport“ geboten werden.

Jetzt hoffen Steadward und Krippner auf den Internationalen Weltverband aller Organisationen des Behindertensports, der im September in Düsseldorf gegründet werden soll. Der soll die Durchsetzungsfähigkeit erhöhen. „So eine Verband“, glaubt der DBS-Präsident, „ist das einzige Forum, das kompetent über Teilintegration mit dem IOC reden könnte.“ Und Chef will der Kanadier werden: „Für mich ist das auch ein Weg, um das Internationale Paralympische Komitee so schnell wie möglich Wirklichkeit werden zu lassen.“

Ralf Köpke