Südafrika plant „sanfte“ Apartheid

Nationale Partei unter Bothas Nachfolger de Klerk legt Programm vor / Kleine Reformen, die nichts an Rassentrennung und Vorherrschaft der Weißen ändern / Opposition soll „sich zum Frieden bekennen“  ■  Aus Johannesburg Hans Brandt

Südafrikas regierende Nationale Partei (NP) plant in den nächsten fünf Jahren vorsichtige Reformen der Apartheid, ohne jedoch eine schwarze Mehrheitsregierung zuzulassen. Das geht aus dem am Mittwoch veröffentlichten NP-Programm für die am 6.September stattfindenden Parlamentswahlen hervor. Das Programm sieht eine Lockerung der Rassentrennung in Wohngebieten vor, ohne den berüchtigten „Group Areas Act“ von 1950 abzuschaffen. Der Wille der Partei zu Verhandlungen mit der Opposition wird bestätigt, wobei eine Verurteilung der Gewalt nicht mehr als Voraussetzung für Verhandlungen gefordert wird. Durch die Gewaltverzichtsforderung waren Gespräche mit dem verbotenen Afrikanischen Nationalkongreß (ANC) ausgeschlossen.

„Wir wollen kein Ein-Mann-eine-Stimme-System. Das würde zu einem Einparteienstaat und einer Diktatur führen“, sagte Informationsminister Stoffel van der Merwe vor der Presse. Zentraler Baustein des jüngsten Reformkonzepts sind weitgehend nach Rassenzugehörigkeit definierte „Gruppen“. Diese Gruppen sollen ihre „kulturellen Eigenschaften“ schützen können, und keine Gruppe soll eine Vorherrschaft über andere haben können. Die Partei sieht auch eine „offene“ Gruppe vor, die nicht nach Rassenzugehörigkeit definiert ist, in der sich Südafrikaner aller Hautfarben versammeln können.

Das Programm hält allerdings an der gesetzlichen Einordnung der Bevölkerung in getrennte Rassen fest. Und die Formulierung, daß „jedwede Vorherrschaft im Interesse keines Bürgers ist“, bedeutet letztlich die anhaltende Vorherrschaft der weißen Minderheit, die 80 Prozent des Landes und 95 Prozent der Wirtschaft kontrolliert.

Auch die Betonung, daß Südafrika ein ungeteilter Staat mit einer einzigen Staatszugehörigkeit ist, verschweigt die Tatsache, daß die „unabhängigen“ Homelands für ausgebürgerte schwarze Südafrikaner nicht als Teil Südafrikas gelten.

Van der Merwe sagte, daß man sich „fast von der bedeutungslosen Voraussetzung der Verurteilung von Gewalt“ abgewandt habe. Verhandlungen über eine neue Verfassung könnten mit allen Organisationen stattfinden, „die sich zum Frieden bekennen“. Doch das Verhandlungskonzept sieht keine Möglichkeit vor, daß die auf Gruppen gegründete Politik der NP abgeschafft werden könnte. Zudem sollen alle Veränderungen vom derzeitigen, von Weißen beherrschten Parlament verabschiedet werden.