piwik no script img

Auch im Haushalt: Papiertiger Töpfer

Haushaltsentwurf 1990 überschreitet erstmals die 300 Miliarden-Grenze / Kein Geld für die Umwelt  ■  Aus Bonn Gerd Nowakowski

Mit knapp achtzig Prozent Zuwachs ist Umwelt- und Reaktorminister Töpfer (CDU) zumindest auf dem Papier Spitzenreiter beim Bundeshaushalt 1990 - doch in Wirklichkeit bekommt er keine Mark mehr für den Umweltschutz.

Dieses paradoxe Ergebnis ist dem Haushaltsentwurf des Bundesfinanzministers Theo Waigel (CSU) für das kommende Jahr zu entnehmen. Das Papier, das gestern den einzelnen Bundesministerien zuging, soll auf der Kabinettssitzung am kommenden Mittwoch beraten werden.

Der Zuwachs des Töpfer-Haushalts von 532 auf 955 Millionen Mark heißt keineswegs, daß sich die Bundesregierung verstärkt um die Ökologie bemühen will, sondern nur um die bundesdeutschen Atomklos. Hinter der Zunahme um 355 Milionen Mark verstecken sich nämlich Kostenansätze für das Endlager in Gorleben, für den Schacht Konrad und für den Bereich „Strahlensicherheit“. Bisher wurden diese Gelder teilweise im Bereich des Wirtschaftsministeriums verbucht.

Wie wenig wert der Regierung die Umwelt ist, zeigt deutlich die Steigerung im Straßenbau: Verkehrsminister Zimmermann (CSU) erhält 365 Millionen Mark mehr. Damit wird dem „wachsenden Bedarf“, beim Autobahnbau „Rechnung getragen“, heißt es im Entwurf.

Der Haushaltsentwurf überschreitet im Jahr 1990 erstmals die Schallgrenze von 300 Milliarden Mark: Die insgesamt 302 Milliarden Mark bedeuten eine Steigerung um 3,4 Prozent. Einen deutlichen Anstieg auf 33,7 Milliarden Mark (Vorjahr 27,8 Milliarden Mark) ist bei der Neuverschuldung zu verzeichnen.

Neben den kostenwirksamen Vorhaben wie der in der Regierungskoalition vereinbarten Verbesserung des Erziehungsgelds (0,9 Milliarden Mark mehr), dem Kindergeld (1,4 Milliarden Mark mehr), beim Bafög (225 Millionen Mark mehr) und dem Programm „Sonderhilfen für Langzeitarbeitlose“ (722 Millionen Mark) erhält vor allem die Bundeswehr einen deutlichen Zuschlag: 400 Millionen Mark läßt sich die Bundesregierung ein „Attraktivitätsprogramm“ für die in Verruf gekommen Krieger kosten.

Das Paket beinhaltet unter anderem eine „Amtszulage“ für Gefreite, die Einführung eines „Spitzendienstgrades Stabsgefreiter“ und die Jet-Piloten erhalten zur Erhöhung der Moral monatlich 450 Mark mehr Aufwandsentschädigung. Knapp 850 Millionen Mark läßt man sich die Übungsmunition kosten und 700 Millionen Mark wird die Entwicklung des umstrittenen Kampfflugzeuges „Jäger 90“ kosten.

Die Kosten für Zivilverteidigung soll gar um knapp elf Prozent auf 950 Millionen Mark steigen. Wo mehr Geld ausgegeben wird, mag das Kanzleramt nicht abseits stehen: Sein Etat erhöht sich um 10,9 Prozent auf 607 Millionen Mark.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen