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Rückt der ANC von seiner Sanktionspolitik ab?

■ Auf lange Sicht könnten Sanktionen gegen Südafrika kontraproduktiv sein, haben hochrangige ANC-Vertreter nach Auskunft ihrer liberalen weißen Gesprächspartner bei einem Treffen in Lusaka gesagt / Auch ausländische Investoren müßten unter Umständen ermutigt werden

Johannesburg (afp/taz) - Der Afrikanische Nationalkongreß (ANC) hat angeblich eingeräumt, daß Sanktionen gegen den derzeitigen Apartheidsstaat auf lange Sicht kontraproduktiv sein könnten. Dies jedenfalls berichteten am Montag in Johannesburg Vertreter einer Gruppe von 115 weißen Südafrikanern, die am Vortag von einem dreitägigen Besuch im ANC-Hauptquartier in der sambischen Hauptstadt Lusaka zurückgekehrt waren. Offizielle Politik des ANC war bislang, ein weltweites Embargo Südafrikas zu unterstützen.

Auch hätten die Vertreter des in Südafrika verbotenen ANC erklärt, sie planten in einem Südfrika ohne Rassentrennung keine umfangreichen Verstaatlichungen. In ihrer Freiheits -Charta bekannte sich die Anti-Apartheitsorganisation bisher zu einem sozialistischen Südafrika.

Die Reise nach Lusaka war von der südafrikanischen Bürgerrechtsgruppe „Five Freedoms Forum“ (FFF) organisiert worden. Die Gruppe traf mit einer ANC-Delegation zusammen, die von ANC-Präsident Oliver Tambo und dem Chef der Kommunistischen Partei Südafrikas, Joe Slovo, geleitet wurde.

Bereits vor einigen Wochen hatte die Nachrichtenagentur 'ap‘ von einer Äußerung Tambos berichtet, wonach der ANC von der Forderung nach Sanktionen gegen Südafrika abrücken würde. Nach mehreren Rückfragen und fast einen Tag später hatte die Agentur damals die Meldung dann als „Falschmeldung“ bezeichnet.

Laut FFF-Vorstandsmitglied Gavin Evans sagte Slovo den südafrikanischen Delegierten, die Erfahrungen in Mosambik und anderen Teilen Afrikas hätten gezeigt, daß umfassende Verstaatlichungen kontraproduktiv seien. Wie Evans weiter berichtete, erkannte der ANC auch die Notwendigkeit an, ausländische Investitionen zu ermutigen. Die Organisation habe jedoch Besorgnis vor der wirtschaftlichen Übermacht des Großkapitals in Südafrika geäußert.

In einem gemeinsamen Kommunique drängten das Forum und der ANC auf ein Klima für Verhandlungen mit Pretoria. Sie verlangten die Aufhebung des Banns, mit dem der ANC in Südafrika belegt ist, sowie die Freilassung aller politischen Gefangenen. Weiter forderten die beiden Organisationen in ihrem Kommunique die Aufhebung des dreijährigen Ausnahmezustandes und aller Apartheidgesetze, die politische Aktivitäten kriminalisieren, sowie den Abzug aller Sicherheitskräfte aus den schwarzen Townships und die sichere Rückkehr aller Exilierten. In dem Kommunique heißt es, die „weiße fortschrittliche parlamentarische Opposition“ spiele eine Rolle bei der Mobilisierung der weißen öffentlichen Meinung, auch wenn das gegenwärtige Parlament, das Schwarze ausschließt, nicht repräsentativ für die Südafrikaner sei. Koordinator des Treffens war Hein Grosskopf. Er ist wegen abgeblicher Beteiligung an Bombenanschlägen des ANC gegen militärische Ziele der von der südafrikanischen Polizei meistgesuchte Mann. Grosskopf lehnte Interviews mit den Medien ab.

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