: Mit Radschavi für die Macht im Iran
Oppositionelle Volksmudschaheddin erheben Anspruch einzige Alternative zu Chomeini zu sein / Führung der einstigen Massenbewegung sitzt heute im irakischen Exil ■ Von Bahman Nirumand
Die Aufforderung des iranischen Parlamentspräsidenten Rafsandschani an die Palästinenser, sie sollen für jedes Opfer aus den eigenen Reihen fünf Amerikaner, Franzosen oder Briten töten, hat das Europäische Parlament zu einer begrüßenswerten Reaktion veranlaßt. In einer Entschließung vom 30.Mai 1989 wurden alle Staaten der Europäischen Gemeinschaft aufgerufen, „ihre Beziehungen zur iranischen Regierung solange abzubrechen, bis diese sich in offizieller Form und öffentlich von der Unterstützung des internationalen Terrorismus distanziert hat“. Praktische Konsequenzen hatte dieser Beschluß nicht. Selbst jene Mitgliedstaaten des Europaparlaments, die im Zusammenhang mit der Rushdie-Affäre ihre Botschafter aus Teheran zurückberiefen, haben inzwischen ihre Beziehung zu den terroristischen Theokraten im Iran wieder normalisiert. Das ist nicht weiter erstaunlich. Was das Europaparlament beschließt, ist Ehrensache, was die Mitgliederstaaten tun, praktische Politik.
Erstaunen erweckt jedoch eine, von 300 Abgeordneten des Europaparlaments unterzeichnete „Schriftliche Erklärung“, die eine wesentlich härtere Gangart gegen den Iran verlangt und Maßnahmen vorschlägt wie Abbruch sämtlicher Beziehungen zum Chomeini-Regime, Boykott von Waffen- und Erdölkäufen sowie Ausschluß Irans aus den Vereinten Nationen. Darüberhinaus vertreten die Unterzeichner der Erklärung die absurde Auffassung, daß „der einzige Weg zu einem dauerhaften Frieden im Iran in einer eindeutigen Unterstützung des von Radschavi angeführten, mutigen und standhaften nationalen Widerstandsrates des iranischen Volkes besteht“! Alle Regierungen der Gemeinschaft werden „mit Nachdruck aufgefordert... sicherzustellen, daß das iranische Volk vom Nationalen Iranischen Widerstandsrat vertreten wird“. Wie immer auch diese im Sprachstil der oppositionellen iranischen Volksmudschaheddin verfaßte Erklärung zustande gekommen sein mag, sie wirft jedenfalls die Frage auf, wie Abgeordnete des Europaparlaments, das „Demokratie“ auf seine Fahne geschrieben hat, dazu kommen, Entscheidungen zu treffen, die ausschließlich dem iranischen Volk obliegen. Die Erklärung strahlt den Geruch von kolonialen Gehabe aus. Vermutlich haben die meisten Abgeordneten, die diese Erklärung unterzeichnet haben, nicht bedacht, daß sie damit ihre Kompetenzen weit überschreiten. Viele von ihnen werden sicherlich auch nicht wissen, wem sie ihre Unterstützung gewährt haben.
Die islamische orientierte Organisation der Volksmudschaheddin, die nun fast ausschließlich den „Nationalen Widerstandsrat“ bildet, wirkte bereits während der Schahzeit als eine Stadtguerillagruppe im Untergrund. Bekannt wurde sie vor allem durch Attentate auf amerikanische Militärberater. Der Volksaufstand gegen die Monarchie in den Jahren 1978/79 im Iran, gewährte auch den Mudschaheddin Möglichkeiten zu öffentlich politischen Aktivitäten. Die Mudschaheddin setzten zunächst auf Chomeini, priesen dessen Radikalität und „entscheidende antiimperialistische Position“. In ersten Tagen nach der Machtübernahme Chomeinis begrüßten sie wie die meisten linken Gruppen dessen Entscheidung, wichtige Funktionäre des Schahregimes hinrichten zu lassen. „Die Volksmudschaheddin, ihre revolutionären Söhne und Töchter sind über den Befehl zur Bestrafung von Verbrechen des gestürzten Regimes hochbeglückt“, schrieben sie in einem offenen Brief an Chomeini. „Wir möchten Sie und das iranische Volk zu dieser mutigen und revolutionären Maßnahme beglückwünschen. Wir hoffen, daß dieser eingeschlagene Weg, solange es noch Konterrevolutionäre in unserem Land gibt, konsequent fortgesetzt wird.“
Als Abtrünnige vogelfrei
Vermutlich konnten die Mudschaheddin damals nicht ahnen, daß Chomeinis „revolutionäre Einheit“ sich auch eines Tages gegen sie selbst richten würde. Schon Anfang 1981 führte der Machtkampf im islamischen Lager zu Ausschluß der Volksmudschaheddin aus dem Bund der Herrschenden, sie wurden als „monfegh“ (Abtrünnige) bezeichnet und damit vogelfrei erklärt. Doch das tat der Popularität der Mudschaheddin unter der Bevölkerung keinen Abbruch. Im Gegenteil: Hunderttausende, vielleicht Millionen, die von der Revolution enttäuscht und mit den neuen Machthabern unzufrieden waren, richteten ihre Blicke auf diese Gruppe. Die Mudschaheddin waren gut organisiert, sie verfügten über bewaffnete Kräfte, und es hatte den Anschein, als ob sie alle verbalradikalistischen und dogmatischen Züge einer bewaffneten Untergrundorganisation abgelegt und sich nun, in Kenntnis der Realitäten, um die Lösung anstehender Probleme des Landes bemühten. Für viele stellten die Volksmudschaheddin eine geglückte Synthese zwischen den seit Jahrzehnten miteinander rivalisierenden religiösen, bürgerlich-nationalen und linken Strömungen dar. Für die schiitischen Fundamentalisten um Chomeini jedoch bildeten sie eine ernste und gefährliche Herausforderung. Aber nicht nur die Volksmudschaheddin, sondern die gesamte Opposition befand sich bis Mitte 1981 in einem ungünstigen Zustand. Die Mullahs und ihre Anhänger waren längst nicht so gut organisiert wie in den späteren Jahren. Viele Schlüsselpositionen in der Armee und der Verwaltung befanden sich in „unsicheren“ Händen, die Säuberungen der Ämter waren längst nicht zu Ende, zahlreiche oppositionelle Organisationen, zumeist linke, verfügten über Waffen. Fast die gesamten kurdischen Provinzen standen unter der Kontrolle der Opposition. Selbst der Staatspräsident der neugegründeten islamischen Republik, dem zwölf Millionen Wähler ihre Stimme gegeben hatten, war auf die Seite der Opposition gewandert.
Im Sommer 1981 stand die iranische Geschichte an einem Scheideweg. Die Volksmudschaheddin waren davon überzeugt, den Mullahs bald die Macht aus den Händen reißen zu können. Tatsächlich kam es im Juli 1981 zum Zusammenstoß - zu einer Explosion. Es gab zahlreiche Tote auf beiden Seiten. Die herrschenden Gottesmänner scheuten kein Verbrechen, das Ausmaß ihrer Brutalität war unfaßbar und weitaus stärker als erwartet. Innerhalb weniger Monate ließen sie Tausende hinrichten, Zehntausende wurden verhaftet. Der kurz zuvor abgesetzte Staatspräsident Banisadr und der Führer der Volksmudschaheddin Radschavi flüchteten nach Paris und riefen von dort aus gemeinsam zur Bildung einer Front auf. Wichtige Organisationen und Persönlichkeiten folgten dieser Einladung. Die Front, „Nationaler Widerstandsrat“ genannt, präsentierte sich bald als rechtmäßiger Erbe der iranischen Revolution und erhob siegessicher den Anspruch auf politische Macht. Im Lande dauerten die Unruhen an, die Mullahs setzten die Massenhinrichtungen fort, die Opposition, vorwiegend die Mudschaheddin, antworteten mit Attentaten und Anschlägen. Aus diesem Kampf ging schießlich das Regime als Sieger hervor. Innerhalb einer relativ kurzen Zeit von etwa zwei Jahren gelang es den Machthabern, nahezu die gesamte Opposition im Inland zu zerschlagen, ein Teil konnte sich durch die Flucht ins Ausland retten, nur ein kleiner Rest überstand den Sturm im Untergrund. Auch die befreiten Gebiete in Kurdistan mußten Stück für Stück geräumt werden, bis sie vollständig verlorengingen.
In der ML-Mottenkiste gekramt
Die härtesten Schläge mußten die Volksmudschaheddin hinnehmen. Anfang 1982 erlebten sie eine schwere Niederlage. Zahlreiche führende Mitglieder der Organisation, die noch im Inland geblieben waren, wurden ermordet. Der Rest flüchtete zunächst in die befreiten Gebiete Kurdistans und später in den Irak. Diese Niederlage führte bei den Volksmudschaheddin zu einem folgenschweren Kurswechsel. Der politische Kampf, der durch die Bildung einer breiten Front im Rahmen des „Nationalen Widerstandsrats“ geführt werden sollte, wurde durch die Strategie eines bewaffneten Kampfes ersetzt. Die Volksmudschaheddin vollzogen damit einen Wandel zu ihrem Ursprung, zu einer Guerilla-Organisation. Ihr Dilemma bestand nur darin, daß sie im Gegensatz zu den traditionellen „Volksbefreiungsorganisationen“, nicht wie die vietnamesischen oder kambodschanischen Guerillas im Meer der Massen schwimmen konnten, sondern den Kampf vom Ausland aus führen mußten. Diesen Mangel versuchten sie durch einen selbsttäuschenden Radikalismus zu überwinden. Theorien und Analysen, die wir aus der Blütezeit der ML-Bewegung kennen, wurden aus der Mottenkiste herausgeholt und mit radikalen und revolutionären Parolen geschmückt. Damit begann die Organisation, sich in einer dogmatischen Weise von anderen Gruppen abzugrenzen. Fortan wurde jeder, der nicht gewillt war, sie zu unterstützen oder sie gar zu kritisieren wagte, als Konterrevolutionär, als Lakaie Chomeinis oder des US -Imperialismus eingestuft. Kein Wunder, daß die im Aufbau befindliche Front bald zusammenbrach. Ex-Präsident Banisadr, Organisationen wie die Demokratische Partei Kurdistans oder die Vereinigte Linke kündigten die Zusammenarbeit mit den Volksmudschaheddin auf oder ihnen wurde gekündigt. Schließlich blieben die Volksmudschaheddin mit ein paar Gruppen und Vereinen, die sie selbst ins Leben gerufen und mit unterschiedlichen Namen versehen hatten, allein. Um aber aus dieser Isolation innerhalb der iranischen Opposition herauszukommen, bemühten sie sich um internationale Unterstützung. Erstaunlich war nur, daß sie hierbei bereitwillig ihre dogmatischen und radikalen Standpunkte aufgaben. Sie holten politische und materielle Unterstützung, wo sie nur konnten. So bemühte die Organisation sich zum Beispiel um eine Audienz beim jordanischen König Hussein, den sie bislang als Lakaien des US-Imperialismus bezeichnet hatten, oder versuchten einen Abgeordneten der CSU für eine Kundgebung in Köln als Redner zu gewinnen. Den Gipfel der Absurdität erreichte dieser Pragmatismus aber erst dann, als sie sich dem brutalen irakischen Diktator Saddam Hussein, dessen ungeheuere Verbrechen vor allem gegen die Kurden, ihm zum zweifelhaften Weltruhm verholfen haben, in die Arme warfen. Sie schlugen ihre Zelte in Bagdad auf, der Hauptstadt des Landes, das sich im Krieg gegen den Iran befand und aus diesem Grund bereit war, jede Opposition gegen das Nachbarland politisch, materiell und auch militärisch zu unterstützen.
Selbstverständlich blieb dieser Widerspruch zwischen den revolutionären Bekundungen und der politischen Praxis auch innerhalb der Organisation nicht ohne Wirkung. Ein Unbehagen machte sich unter den sonst disziplinierten Mitgliedern breit, kritische Stimmen wurden laut, es gab sogar Austritte von führenden Mitgliedern. Um nun der Gefahr eines Auseinanderbrechens der Organisation entgegenzuwirken, begannen die Volksmudschaheddin ab 1985 die innerparteiliche Disziplin zu straffen, die Mitglieder zunehmend von der Außenwelt zu isolieren, kritische Stimmen von vornherein zu unterbinden. Damit nicht genug: sie kündigten eine „ideologische Revolution“ an. Eingeleitet wurde diese Revolution durch eine Heirat des Führers der Volksmudschaheddin mit der Ehefrau seines ersten Mitarbeiters Abritschamtschi. Es war, so die Mudschaheddin, ein Gang durch das Tal der Sünde, aus dem Radschavi und seine Braut Marjam gereinigt wie Heilige herauskamen. „Wenn ihr an die Mudschaheddin als führende Kraft der iranischen Revolte glaubt“, sagt Radschavi seinen Mitgliedern, „dann müßt ihr bereit sein, mit mir durch die Hölle zu gehen.“ Und Abritschamtschi, dem die Frau verlustig gegangen war (...! d. s-in), sagte: „Radschavi ist unser Führer. Daran kann nach all den Erfahrungen, die wir bisher mit ihm gemacht haben, kein Zweifel bestehen. Wir müssen ihm folgen. Er ist für seine Taten und Entscheidungen niemandem außer Gott verantwortlich.“
Die „ideologische Revolution“ steigerte den Personenkult um Radschavi ins Groteske. Er wurde mit Mohammed und Christus, seine Frau mit Maria verglichen. Diesem Kult entsprechend wurde dann auch die neue Parole der Volksmudschaheddin aufgestellt. Sie lautet nun: „Iran-Radschavi, Radschavi -Iran!“ Soviel Gewicht hat sich Chomeini nicht einmal nach der Machtübernahme beizumessen gewagt.
„Ideologische Revolution“ gegen Schlaflosigkeit
Monatelang veröffentlichten die Mudschaheddin Briefe von Mitgliedern, die über die heilbringende Wirkung der „ideologischen Revolution“ berichteten. Wie ein Wunder habe diese Revolution ihre Beschwerden wie Migräne, Magengeschwür, Schlaflosigkeit hinweggefegt. Anfang 1986 begaben sich die so Gesundeten und munter zum Kampf bereiten in den Irak. Hier wurde mit irakischer Hilfe eine „Befreiungsarmee“, die sich auch teilweise aus iranischen Gefangenen im Irak rekrutierte, auf die Beine gestellt. Das Ziel war die Eroberung der Macht im Iran. Dieses Ziel heiligte die Mittel. Die Mudschaheddin arbeiteten Hand in Hand mit der irakischen Regierung, leisteten Hilfe, wo immer sie konnten. Schließlich versuchte die „Befreiungsarmee“, die auf irakischem Gebiet nahe der iranischen Grenze stationiert war und nach eigenen Angaben rund 20.000 Mann zählte, den Kampf auf eigene Faust zu führen. Nach der Zustimmung des Irans zu der UN-Resolution 598, die eine Beendigung der Kampfhandlungen forderte, und wenige Tage vor dem Abschluß des Waffenstillstandes zwischen Iran und Irak starteten die Volksmudschaheddin Ende Juli des letzten Jahres einen Angriff auf den Iran. Die Wahl des Zeitpunkts war wohl überlegt. Die Mudschaheddin wußten, daß sie nur so lange im Irak geduldet und unterstützt werden, solange sie als Vogelscheuche im Krieg oder als Faustpfand bei Friedensverhandlungen dem Irak dienen können. Ein etwaiger Friedensabschluß zwischen den Nachbarländern würde ihnen das selbe Schicksal bescheren wie 1975 den Kurden um Barezani, die dem Machtpoker des Schahs zu Opfer fielen. „Jetzt oder nie“, sagten sich offenbar die Volksmudschaheddin und hofften auf irakische Rückendeckung oder auf die Unterstützung in der iranischen Bevölkerung. Beides blieb aus. Die „Befreiungsarmee“ lief buchstäblich ins Messer der iranischen Armee und Revolutionswächter. Zwar behaupteten die Volksmudschaheddin, bei diesem Gefecht 50.000 Gegner getötet und selbst „nur“ 1.300 Männer und Frauen verloren zu haben (nach Angaben aus Teheran sollen es 4.500 gewesen sein), doch mußten sie nach drei Tagen zerrüttet den Rückzug antreten.
Vorwand für Massenhinrichtung geliefert
Der Angriff lieferte dem Regime im Iran den Vorwand zu Massenhinrichtungen in den Gefängnissen. Schätzungen besagen, daß seit August 1988 mehr als 10.000 iranische Gefangene ermordert worden seien. Die Friedensverhandlungen zwischen Iran und Irak haben noch nicht zum Ziel geführt die Atempause für die Mudschaheddin dauert noch an. Bewaffnete Untergrundorganisationen, die Gewalt als einziges oder als wichtigstes Mittel der Politik betrachten, neigen oft zur Selbstüberschätzung, Vereinfachung und zum Abenteuertum. Werden sie dabei noch von der Märtyrerideologie beherrscht, dann führen ihre Niederlagen und Opfer nicht zu besseren Einsichten, sondern eher zu größerer Selbstüberzeugung, zur Rache- und Haßgefühlen und zur Blindheit vor Realitäten. Dafür sind die Volksmudschaheddin ein Paradebeispiel. Sie begründen ihren Anspruch auf Macht mit zahlreichen Opfern, oder wie sie es selbst ausdrücken, mit „dem vielen Blut, das sie der Revolution gespendet haben“. Ihr Versuch, nach Beendigung des iranisch-irakischen Krieges, den zuvor prophezeiten endgültigen Sturz des Chomeini-Regimes herbeizuführen, endete in einem Fiasko. Nach dieser Niederlage stellten sie ihren Mitgliedern für den Fall von Chomeinis Tod ihren endgültigen Sieg in Aussicht. Nun liegt Chomeini seit dem 3.Juni im Grab. Gleich danach stellten die Mudschaheddin das Erscheinen ihrer Publikationen ein und annullierten mehrere zuvor angekündigte Protestdemonstrationen. Politische Beobachter vermuten, daß diese Maßnahmen auf Anweisung der irakischen Regierung erfolgt sind. Die Mudschaheddin selbst bezeichnen ihre Entscheidung als notwendigen Schritt zur Intensivierung des Kampfes, um „die Überreste des Chomeini -Regimes zu beseitigen“. Bereiten Sie sich etwa auf ein neues Abenteuer vor? 300 Abgeordnete des Europaparlaments haben stellvertretend für das iranische Volk die Volksmudschaheddin als einzige Alternative zum Chomeini -Regime gewählt. Gesetzt den Fall, die Mudschaheddin würden tatsächlich die Nachfolge Chomeinis antreten, würde sich da etwas Grundlegendes ändern? Würde eine Organisation, die getrieben von dem unbedingten Willen zur Macht, keine Opfer und auch keine unerlaubten Mittel scheut, um zum Ziel zu gelangen, Kritiker oder gar Gegner akzeptieren können? Würde sie nicht auf die hohe Zahl ihrer Opfer verweisend die absolute Macht für sich beanspruchen und sich auf Biegen und Brechen festklammern? Würden dann unsere Freunde im Ausland uns wieder den Vorwurf machen, warum wir sie nicht rechtzeitig informiert haben? Die überwiegende Mehrheit der iranischen Bevölkerung haßt das Chomeini-Regime, wünscht dessen Sturz. Daran hat sich auch nach dem Tod Chomeinis nichts geändert. Es geht jedoch nicht darum, eine Diktatur durch eine andere zu ersetzen. Das Problem besteht darin, wie endlich der Teufelskreis von Gewalt und Gegengewalt durchbrochen und der langersehnte Friede erreicht werden kann. 25 Jahre Schah-Diktatur, zehn Jahre Chomeini-Diktatur beweisen zur Genüge, daß soziale Gerechtigkeit und Unabhängigkeit ohne Demokratie nicht zu erreichen sind. Der Wechsel von einer Diktatur zur anderen wäre ein Gang vom Regen in die Traufe.
Bahman Nirumand ist Schriftsteller und Journalist, der zum zweiten Mal in der BRD im Exil lebt.
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