: Wenig Chancen für die Umwelt
Umweltminister Reichelt (Ost) trifft Umweltminister Töpfer (West) ■ G A S T K O M M E N T A R
Wer trifft da eigentlich wen? Auf der einen Seite ein weitgehend kompetenzloser Gastgeber, dessen Hauptaufgabe, zumindest seinem Etat nach zu urteilen, darin besteht, der Bevölkerung die angebliche Ungefährlichkeit der Atomenergie zu verkaufen. Auf der anderen Seite ein Mann, dessen politischer Gestaltungsspielraum aufgrund seiner Verpflichtung zu strikter Kostenneutralität und ideologischer Linientreue gegen Null tendiert. Aber das politische Mauerblümchendasein der beiden Gesprächspartner ist natürlich nicht der einzige Grund für die bislang völlig unbefriedigende Bilanz der deutsch-deutschen Zusammenarbeit im Umweltbereich. Es sind vielmehr die fortwährenden deutsch -deutschen Faustpfandspiele - Elbgrenze gegen Elbsanierung etc., leidige Fragen des Berlinstatus‘ und die notorische Geheimniskrämerei der DDR-Führung im Umgang mit Umweltinformationen, die nicht nur den deutschen Wald das Leben kosten. Nicht vergessen werden sollte, daß auf den Mülldeponien in Schönberg, Vorketzin und Schöneiche gewaltige ökologische Zeitbomben ticken, deren Munition von der Bundesrepublik geliefert wird.
Die jetzt verabredeten Projekte, bei denen die bundesdeutschen Hilfeleistungen ca. 200 Mio. DM umfassen, werden nur einen minimalen ökologischen Entlastungseffekt bringen. Dieser wird in erster Linie der örtlichen DDR -Bevölkerung zugute kommen. Sie können lediglich als erste vorsichtige Schritte in die richtige Richtung angesehen werden, wobei ein wirksames Inangriffnehmen der deutsch -deutschen Umweltprobleme neben dem politischen Willen vor allem andere technische Dimensionen und finanztechnische Lösungen erfordert.
Dabei liegen eine Fülle von pragmatischen Kooperationskonzepten, sei es zur Entschwefelung der DDR -Braunkohlekraftwerke oder zur Sanierung der Elbe, bereits fertig in den Schubladen der Ministerialbürokratien. Auch für die Lösung von Finanzierungsfragen gibt es eine Vielzahl an Vorschlägen, die von zinsgünstigen Krediten durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau, der Einrichtung eines Umweltswings bis hin zu Kompensationsmodellen, beispielsweise im Rahmen der Modernisierung von Eisenbahnverbindungen zwischen West-Berlin und der Bundesrepublik, reichen. Woran es fehlt, ist letztlich die Einsicht, daß die bestehende ökologische Risikogemeinschaft weniger feierliche Willensbekundungen als einen Pragmatismus erfordert, der sich jeglicher deutschlandpolitischer Kleinkariertheit enthält. Es wird wohl leider noch einige Zeit vergehen, bis Töpfer bei Schnackenburg durch die Elbe schwimmt.
Jürgen Pöschk, Mitarbeiter der Forschungsstelle für Umweltpolitik der FU Berlin.
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