: Etat 90 für FDP zu viel. - Dennoch verabschiedet
■ Deutliche Kabinettskritik am Haushaltsentwurf 1989 / Bundesumweltminister Töpfer unter den Zuwachsprofiteuren
Deutliche Kabinettskritik am Haushaltsentwurf 1989 / Bundesumweltminister Töpfer unter den Zuwachsprofiteuren / Berlin (taz) Nicht nur aus der Bonner Fraktion der Grünen sondern auch aus den Reihen der FDP-Parlamentarier kam Kritik am gestern vorgelegten Kabinettsentwurf zum Bundeshaushalt 1990 über 301 Milliarden Mark auf. Während die grüne Abgeordnete Christa Vennegerts die Etatvorlage als „Dokument des alten Denkens“ bezeichnete, das die fortschreitende Umweltzerstörung ignoriere und der Massenarbeitslosigkeit gegenüber kaltherzig sei, ist das ganze für die FDP schlicht zu viel Geld. Ihr Abgeordneter Weng bemängelte die unbescheidenen Forderungen aus den einzelnen Ministerien, aufgrund derer 1990 die angepeilten Ausgaben um 3,4 anstelle der ursprünglich geplanten drei Prozent anwachsen.
Einer der Gewinner ist Umweltminister Klaus Töpfer. Sein Etat steigt um 79 Prozent auf 955 Millionen Mark, was jedoch nicht so sehr aus größeren Umweltaktivitäten Bonns resultiert, als aus schlichten Umschichtungen. Die Endlagerung radioaktiver Abfälle wird nun nicht mehr vom Wirtschaftsministerium finanziert, sondern läuft in den kommenden Jahrtausenden unter dem Ressort Umweltschutz. Das Bundesverteidigungsministerium darf 1990 54,4 Milliarden ausgeben und erfreut sich dadurch eines 3,3prozentigen Zuwachses, der absolut gesehen fast doppelt so groß ist wie der ganze neue Umweltetat. Da der Haushalt für Entwicklungsminister Warnke nur unterdurchschnittlich um 2,6 Prozent auf 7,2 Milliarden ansteigt, wird man auch weiterhin milliardenweit vom selbstgesteckten Ziel entfernt bleiben, 0,7 Prozent des Bruttosozialproduktes in die Entwicklungshilfe zu stecken. Die absolute Nr. 1 ist traditionell der Sozialhaushalt mit 70 Milliarden, während die exorbitante Steigerung im Posthaushalt um 352 Prozent auf 308 Millionen Mark niemand erschrecken sollte: Die Angestellten in Schwarz-Schillings Ministerium werden nach der Neuordnung der Post im Bundesetat geführt, und nicht mehr im davon getrennt angesetzten Posthaushalt.
Dabei kündigen sich trotz bereits überzogenem Zuwachs neue Begehrlichkeiten an. Allen voran forderte Bundesbildungsminister Jürgen Möllemann weitere 300 Millionen Mark als Bonner Anteil für den Hochschulbau von Bund und Ländern für seinen Etat 1990, für den Waigl nur eine Milliarde Mark zugestanden hatte.
Wie weiter zu erfahren war, wollte Bundesforscghungsminister Riesenhuber eine Erklärung zu Protokoll geben, in der er die Regierung darauf hinweist, daß nach der jetzigen mittelfristigen Finanzplanung die Mittel für die drei großen Weltraumprojekte Hermes, Ariane und Columbus bei weitem nicht ausreicht. Im Etat des nächsten Jahres verfügt Riesenhuber mit 7,8 Milliarden Mark über 4,4 Prozent mehr Mittel als 1989.
ulk
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