: Lesben gehen unter-betr.: "Die Rechte des Arsches erkämpfen", taz vom 24.6.89
betr.: „Die 'Rechte des Arsches‘ erkämpfen“, taz vom 24.6.89
Die Lesbenbewegung ist die Lesbenbewegung, die Schwulenbewegung ist die Schwulenbewegung, und Lesben und Schwule haben nur teilweise gemeinsame Ziele. Für diese gehen Lesben und Schwule gemeinsam auf die Straße, traditionell am Christopher Street Day. So auch in diesem Jahr in Berlin und Freiburg.
In der taz gehen aber nur die Schwulen zur Demo und die Lesben... gehen unter, möchte frau sagen, verschwinden unter den allzu wortgewaltigen Ausführungen von Volker Beck und Günter Dworek. „Die Rechte des Arsches erkämpfen“ - kein Zweifel, hier geht es nicht um Ziele von Lesben.
Doch welche Ziele verfolgen die Autoren in der Schwulenbewegung? Reformpolitik, und zwar auf der Basis eines angeblichen neuen homofreundlichen Klimas - „nicht nur das gesellschaftliche Tabu um Homosexualität ist zerbröckelt, sondern auch das politische“. Das scheint doch zu hoch gegriffen: ein Coming-out im Bundestag ist vielleicht ein Signal, bedeutet aber für die/den Homosexuelle/n noch keine Veränderung der konkreten Lebensverhältnisse. Also bitte nicht dieses herablassende „sich zeigen ist leicht“ und „schwulsein allein ist unpolitisch“.
Abgesehen von der Frage des homofreundlichen oder unfreundlichen Klimas: Was will die Reformpolitik? „Bessere Voraussetzungen und Rahmenbedingungen schaffen für die fortschreitende Emanzipation von Schwulen“ ...und Lesben? Reformpolitik steht in Volker Becks Artikel für Gleichstellungspolitik. Gleichstellung mit wem? Gleichstellung der Schwulen mit allen priviligierten Männern im weiterhin patriarchalen System? Gleichstellung der Lesben im Sinne einer „nur noch Einfachdiskriminierung“ als Frauen? Das ist in der Tat „systemstabilisierend und integratorisch“ gedacht und damit frauenfeindlich.
Über diese Überlegungen ist die Lesbenbewegung nun wirklich hinaus. Reformen? Ja, aber stärker systemverändernd, als Volker Beck und Günter Dworek anstreben. Übrigens haben Lesben die „Eckpunkte ihrer Reformpolitik“ bereits gesteckt: im „lesbenpolitischen Forderungskatalog“, nachzulesen im Lesbenring-Info, Juni 1989.
Lesbenring e.V., Regionalgruppe Stuttgart
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