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Die Anderen: Independent / Politiken: Polen

■ La Repubblica: Israel * Corriere della Sera: Gorbatschow

Independent

Zur politischen Entwicklung in Polen bemerkt der Londoner 'Independent‘:

Da sowohl die Kommunisten als auch die „Solidarität“ zögern, die Verantwortung für die unpopulären Maßnahmen zu übernehmen, die zur Rettung der Wirtschaft notwendig sind, kann es nicht überraschen, daß sie die Entscheidung aufgeschoben haben.

Die Vorbehalte der „Solidarität“ sind verständlich, wenn man bedenkt, daß die Zahl ihrer Vertreter im Parlament künstlich auf ein Drittel beschränkt wurde und der Machtapparat außerhalb der Hauptstadt weitgehend in den Händen der Kommunistischen Partei verblieben ist. Zwischen der eigenen öffentlichen Führung und dem Reformflügel der Kommunistischen Partei herrscht hinsichtlich der Elemente, die für eine Reform notwendig sind, ein gewisses Maß an Übereinstimmung. (...) Doch die „Solidarität“ ist noch alles andere als eine geschlossene politische Partei. (...)

Nach einem Jahrzehnt, in dem es Walesa und seinen Kollegen gelungen ist, Unterstützung durch Opposition zu finden, werden sie feststellen, daß es nicht leicht ist, am Odium der Macht teilzuhaben und damit die Identität der „Solidarität“ zu verwischen. (...) Das Mißtrauen gegen die Kommunisten ist verständlicherweise tief verwurzelt. Doch entwickeln die Ereignisse ihre eigene Dynamik, und man kann sich kaum vorstellen, daß der ideale Augenblick für den Machtantritt der „Solidarität“ je kommen wird. Die Beteiligung an der Macht könnte auf kurze Sicht zwar einen Rückschlag mit sich bringen, zugleich aber die Entstehung einer uneingeschränkt demokratischen Regierung beschleunigen.

Politiken

Die liberale dänische Zeitung schreibt zum gleichen Thema:

Im polnischen Machtspiel hat die „Solidarität“ einen Trumpf in der Hand. Nur wenn die Opposition politischen Einfluß erhält, kann Polen vermutlich mit umfassender wirtschaftlicher Hilfe aus dem Westen rechnen. (...)

Aber Polen aus dem ökonomischen Chaos zu retten, das 40 Jahre kommunistische Lenkung bewirkt hat, verlangt mehr als ausländische Hilfe. Es bedarf einer Kur, die wohl kaum vermeiden kann, das Leben für die schon jetzt hart geprüften Polen noch schwerer zu machen, und die deshalb einen hohen politischen Preis haben kann. Wenn Walesa meint, daß die „Solidarität“ nicht allein den möglichen Preis bezahlen sollte, ist dies nur rechtens und angemessen. Weniger angemessen ist, daß die „Solidarität“ selbst nichts Überzeugendes dafür anbieten kann, wie die Krise zu lösen ist. Dies könnte darauf hindeuten, daß die „Solidarität“ selbst Zeit braucht - sich daran zu gewöhnen, nicht mehr Gewerkschaftsbewegung zu sein, sondern Partei. Vielleicht sogar Regierungspartei.

La Repubblica

Die linke Tageszeitung kommentiert den Parteitag der israelischen Likud-Partei.

Die Falken haben die Oberhand gewonnen, Jizchak Schamir hat sich für die harte Linie entschieden, neuen Siedlungen zugestimmt, feierlich geschworen, niemals mit den „Terroristen“ der PLO zu verhandeln, auf daß niemals ein palästinensischer Staat entstehen werde. Schamirs eigener Plan wurde von der israelischen Rechten blockiert. Aber nicht deshalb sind die Aussichten auf ein Friedensabkommen weniger weit entfernt. Schamirs Plan gefiel weder den Palästinensern, noch hat er die amerikanische Regierung überzeugt.

Corriere della Sera

Der konservative 'Corriere della Sera‘ zieht Parallelen zu der französischen Revolution und den Reformen Gorbatschows.

Viel wichtiger als die Feierlichkeiten zum 200. Jahrestag der Revolution in Paris ist die Öffnung des Ostens, die heute eine neue Zukunft zu entwerfen scheint. Genau vor zwei Jahrhunderten haben die Ereignisse von Paris der westlichen Welt den Weg der Freiheit gewiesen. Heute scheint in Moskau, Warschau und Budapest das gleiche für Osteuropa zu geschehen. Wenn nicht eine Rückkehr zur Diktatur alles wieder zunichte macht, hat die Revolution von 1989 eine gleich wichtige Bedeutung wie die von 1789.

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