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Passauer Posse bei DVU-Kundgebung

In Niederbayern sollte die Gegenkundgebung der Friedensini zahlungspflichtig gemacht werden  ■  Von Wolfgang Gast

Berlin (taz) - „Gegen alte und neue Nazis“ demonstrierte am 11.Februar die ostbayerische Friedensinitiative - im Passauer Landkreis, am KZ-Denkmal in Waldstatt bei Pocking. Zehn Kilometer entfernt, in der 2.000-Seelen-Gemeinde Ruhstorf, hatte die DVU zu einer Großkundgebung in die „Nibelungenhalle“ geladen. Nach der Gedenkkundgebung am Mahnmal fuhren die DemonstrantInnen im Autokonvoi nach Ruhstorf, der Protest gegen die Europawahlveranstaltung der Ewiggestrigen mündete in einem geordneten Demonstrationszug vor der Halle. „Eine Pflichtübung, möchte man meinen“, so Reinhard Hofer von der Friedensinitiative.

Was den einen eine Pflichtübung ist, scheint der Gemeinde Ruhstorf und dem Landratsamt Passau nur unnötiger Aufwand und damit kostenpflichtig. Beide Behörden schickten den Veranstaltern der Gegendemonstration Kostenbescheide: 531,21 Mark stellte das Straßenbauamt Passau Anfang März in Rechnung: für fünf Arbeitsstunden beim Aufstellen von Verkehrsschildern und für 44 Kilometer Fahrt eines Amtskombis, 198,52 Mark als Leihgebühr für die Schilder und für die Verwaltungsauslagen 48,29 Mark.

Für das Auf- und Abbauen weiterer Absperrungen wie auch für das Hin- und Zurückbringen hatte die Gemeinde Ruhstorf bereits eine Woche zuvor eine Rechnung geschrieben. Hier sollten über 933 Mark binnen 14 Tagen gezahlt werden. Seine ursprüngliche Absicht, den Veranstaltern auch die Schließung des örtlichen Hallenbades auf die Rechnung zu setzen, ließ Ruhstorfs Bürgermeister schließlich fallen.

Die Ausübung demokratischer Grundrechte könne kein Sonderaufwand für die Behörden sein, argumentierte die Friedensinitiative und verweigerte die Zahlungen. Empört fragten sie: „Ist Antifaschismus in Zukunft zahlungspflichtig?“ Ihre Rückfrage beim demonstrationserfahrenen Landratsamt Schwandorf hatte auch ergeben, daß derartige Kostenbescheide dort bis jetzt nicht einmal in Erwägung gezogen wurden.

Die Europawahl kam, die DVU schnitt mit 2 Prozent leicht über dem Landesdurchschnitt ab - die „Republikaner“, die nicht ein einziges Wahlplakat im Landkreis aufgestellt hatten, trugen jede zehnte Stimme nach Hause.

Nur wenige Tage später erhielten die Friedensfreunde dann einen Auslagenbescheid des Landratsamtes. Oberregierungsrat Geiger, dem Mitarbeiter der Friedensini eine gewisse Nähe zur DVU nachsagen, wollte die insgesamt 1.464,93 Mark endlich auf dem Konto des Landratsamtes verbucht sehen. Die Friedensini schaltete einen Anwalt ein, der umgehend beim Bayerischen Innenministerium Widerspruch einlegte.

Den Münchner Ministerialen war das Vorgehen der Passauer Behörde höchst peinlich. Um den sich anbahnenden Skandal noch im Keim zu ersticken - ein Fernsehteam hatte in dieser Sache bereits um einen Interviewtermin gebeten -, hob die Münchner Behörde den Auslagenbescheid am 28. Juni kurzerhand auf. Im Pasauer Landesamt hält man am eigenen Vorgehen dennoch fest: „Wer eine Baugenehmigung beantragt, muß schließlich auch zahlen.“

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