piwik no script img

„Fiat-Uno„-BesitzerInnen fordern Entgiftung

■ Bremer Friedensaktivist Ekkehard Lentz organisiert Interessensgemeinschaft / Fiat soll Rückrufaktion starten

„Ich hab mir den Fiat-Uno aus Umweltgründen gekauft, der hat einen Drei-Wege-Katalysator. Und jetzt vergiften wir uns selbst damit.“ Ekkehard Lentz, im Hauptberuf Bremer Geschäftsführer der Deutschen Friedensunion (DFU), kann zur Zeit kaum noch den Telefonhörer aus der Hand legen. Seit das „Öko-Test„-Magazin in seiner Juli-Ausgabe Lentz‘ Dienstnummer als Kontaktadresse für Uno-Besitzer angegeben hat, klingelt es ununterbrochen im DFU-Büro. Wer regelmäßig den italienischen Kleinwagen fährt, erhöht sein Krebsrisiko. So hatte es der TÜV-Hannover im Auftrag von „Öko-Test“ herausgefunden.

Der Grund: Die Benzinleitungen des Fiat-Uno bestehen aus Plastik. Sie entlassen hochgiftige Benzol-Dämpfe ins Wageninnere. 1.462 Mikrogramm Benzol je Kubikmeter Luft hat der TÜV im Fiat Uno, Baujahr 1987 gemessen. Im Vergleich dazu erreicht selbst die nach Abgasen stinkende Innenstadtluft im dicksten Feierabendverkehr „nur“ Spitzenwerte von 100 bis 150 Mikrogramm Benzol je Kubikmeter. „Da lohnt es sich für Uno-Fahrer, zum Lüften die Fenster runterzukurbeln“, schreibt „Öko-Test“ im Juli.

„Diese Veröffentlichungen haben die Fiat-Uno-FahrerInnen richtig aufgerüttelt“, weiß Lentz,

der sich selber schon über den Benzin-Gestank in seinem Auto geärgert hatte. Mit einer „Interessengemeinschaft“ will der in politischer Aktion erfahrene DFU-Mann jetzt Druck auf Fiat machen: Die Firma soll die Kosten für den Austausch der Plastikleitungen gegen undurchlässige aus Kupfer übernehmen. Die sind zwar mit 250 bis 300 Mark vergleichsweise niedrig, doch die Fiat-Zentrale in Heilbronn scheut sich davor, einen Präzedenzfall zu schaffen. Schließlich wurden von dem Kleinwagen bereits hunderttausende verkauft.

Der Benzingestank läßt sich durch eine kleine Verlängerung des Tank-Entlüftungsschlauchs

beheben. Dies wird in Bremen inzwischen kostenlos von dem Fiat-Händler Willy Gerdes (Tel. 4680724) durchgeführt. Doch das Problem der Benzol-Gefahr ist damit nicht gelöst. Das geruchlose Gas tritt aus den Plastikleitungen aus.

Mit öffentlichem Druck will Ekkehard Lentz jetzt Fiat zur Kulanz bewegen. Aus der Friedensbewegung weiß er, wie das geht. Alle Uno-BesitzerInnen, die sich bei ihm melden, fordert er in einem Rundbrief auf, Protestschreiben an Fiat zu richten, Mund-zu Mundpropaganda im Bekannten-und Kollegenkreis zu machen und Kontakte zu Journalisten vor Ort zu nutzen. Über

einen gemeinsamen Aufruf soll dann im zweiten Schritt beraten werden.

Fiat stellte sich bislang stur. Auf einen freundlichen Brief erhielt Ekkehard Lentz nur die Auskunft, der Uno sei „100 Prozent in Ordnung“. Zwar bestreitet Fiat die Meßwerte des TÜV-Hannover nicht, diese entsprächen jedoch „absolut nicht den Konditionen eines Wagens, der sich im Verkehr befindet“. Praktisch genüge „das einfache Öffnen der Tür und mehr noch der normale Betrieb des Fahrzeugs im Straßenverkehr, um die gemessene Konzentration erheblich zu senken“. Abschließend wird dem besorgten Uno-Fahrer in dem Formbrief mitgeteilt: „Sie können Ihr Automobil unbesorgt benutzen. Sie haben nicht das kleinste Risiko.“

Ase

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen