: Gefährlicher als Strahlen sind die Felder
■ Bremer Untersuchung über Bildschirmarbeit: Strahlenbelastung minimal, aber starke magnetische Felder
Eine gute und eine schlechte Nachricht hat der Bremer Physiker Richard Donderer für alle BildschirmbenutzerInnen. Im Auftrag der Zeitschrift Ökotest hat er 24 Bildschirme auf Strahlung getestet. Die gute Nachricht: die krebserzeugenden und erbgutschädigenden Röntgenstrahlen sind selbst fünf Zentimeter vor dem Bildschirm „kaum festzustellen“. Der normale Arbeitsabstand beträgt mindestens 30 Zentimeter.
Keine Entwarnung gibt Donderer dagegen in vier anderen Strahlen-Bereichen. Beim Ein- und Ausschalten des Bildschirms entsteht ein elektrostatisches Feld, das je nach Gerät nach einigen Sekunden oder Minuten verschwindet. Außerdem produziert jeder Bildschirm zwei elektrische Wechselfelder: Eines davon durch den schnellen Auf- und Abbau von Spannung bei der Herstellung des Bildes. Schließlich muß der Elektronenstrahl geführt werden, damit er überhaupt einen Buchstaben oder einen Text formt. Dafür sorgen magnetische Felder.
Alle diese Felder wirken über den Bildschirm hinaus auf die BenutzerInnen. Und zwar beträchtlich, so das Ergebnis der Messungen von Richard Donderer. Nur ein einziges Gerät aus Finnland, das schon lange in Skandinavien auf dem Markt ist, erfüllt in allen vier Bereichen die schwedischen
Richtwerte. Filter, auch das hat der Bremer Physiker festgestellt, können in einigen Strahlen-Bereichen Abhilfe schaffen. Allerdings verschlechtern sie häufig die Bildqualität.
Viele Menschen, die regelmäßig über längere Zeit an Bildschirmen arbeiten, klagen über Befindlichkeitsstörungen, Kopfschmerzen, Augenflimmmern. Ein Zusammenhang zwischen
diesen Störungen und den Strahlen der Bildschirme ist allerdings nicht erwiesen. Und bisher auch kaum erforscht. Einige Untersuchungen gibt es immerhin über die Risiken für schwangere Frauen, die an Terminals arbeiten.
„Das Risiko für eine Fehlge burt ist für Bildschirmarbeite rinnen höher“, faßt die Arbeitsmedizinerin Gine Elsner von der
Uni Bremen die internationale Forschung zusammen. Allerdings weiß bisher noch niemand, ob das etwas mit der Strahlung zu tun hat. Es sei auch denkbar, meint Elsner, „daß die Frauen mehr rauchen und mehr Kaffe trinken, mehr Schmerzmittel, mehr aufputschende oder beruhigende Mittel nehmen, bedingt durch den Streß, der verbunden ist durch die Arbeit an diesen Ge
räten.“
Elsner will den Zusammenhang zwischen Bildschirmarbeit und Schwangerschaftsrisiken genauer untersuchen. Das Bundesministerium für Forschung und Technologie zeigt sich bei der Mittelvergabe allerdings äußerst reserviert. Für großzügige Grenzwerte haben die Technologie-BeamtInnen schon gesorgt.
Während in der Natur, etwa bei einem Gewitter, ein elektrisches Feld von 1.000 Volt pro Meter entsteht, gilt hierzulande für technische Geräte ein Grenzwert von 40.000 Volt pro Meter. In Schweden dagegen wurde der entsprechende Richtwert auf - naturorientierte - 1.000 Volt festgelegt. „Da haben die Schweden ein vernünftiges Prinzip angewendet“, urteilt Strahlen-Tester Donderer.
Technisch und ökonomisch scheinen die niedrigen Werte den Bildschirmherstellern kein Kopfzerbrechen zu bereiten. Die Hersteller orientieren sich für ihr Angebot auf dem bundesdeutschen Markt offenbar ausschließlich an den bundesdeutschen Grenzwerten, die sie in der Regel auch einhalten. Etliche dieser Produzenten operieren allerdings obendrein auf dem skandinavischen Markt. Dort aber genügen ihre Bildschirme dann den strengen schwedischen Anforderungen. Gaby May
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