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Der Krieg der Contras geht weiter

Im östlichen Department Chontales und an der Grenze zu Honduras kämpfen die Contras trotz Waffentillstands  ■  Aus Managua Ralf Leonhard

Der 14jährige Juan Laso ist am 12. Juni nach einem Zusammenstoß mit Contras bei La Libertad, kaum 40 Kilometer nordöstlich von Juigalpa, verschwunden. Seit einigen Wochen werden immer wieder verletzte Soldaten und Zivilisten in der Provinzhauptstadt 140 Kilometer östlich von Managua eingeliefert. Das drei Fahrstunden entfernte Nueva Guinea wird von Bauern und ausländischen Entwicklungsarbeitern möglichst gemieden. Auf der beschwerlichen Straße muß man mit Überfällen rechnen.

Die sandinistische Armee (EPS) meldete allein im Monat Juni 53 konterrevolutionäre Attacken auf militärische Ziele und 25 gegen Zivilbevölkerung und Wirtschaftsobjekte. Dabei sind nach offiziellen Angaben 15 Soldaten gefallen, elf Zivilisten getötet und 55 verschleppt worden. Die Contra soll in demselben Zeitraum 134 Mann verloren haben. Die Contra-Gruppen operieren vor allem im dünn besiedelten Norden des Departements Jinotega, unweit der Grenze zu Honduras, und im Ostdepartement Chontales, wo sie sich bei Großgrundbesitzern und konservativen Kleinbauern eine noch relativ breite soziale Basis erhalten konnten. Offiziell herrscht seit dem historischen Abkommen von Sapoa im März 1988 in Nicaragua ein Waffenstillstand, der von der sandinistischen Regierung Monat für Monat um 30 Tage verlängert und im Prinzip auch von der Contra-Führung anerkannt wird. Im vergangenen Februar hatten die fünf zentralamerikanischen Präsidenten das Schicksal der bewaffneten Konterrevolution besiegelt, als sie auf dem Gipfeltreffen von Costa del Sol in El Salvador deren „Demobilisierung, Repatriierung oder freiwillige Aussiedlung in Drittländer“ beschlossen. Binnen 90 Tagen hätte ein Mechanismus für die Demobilisierung der in Honduras lagernden Truppen ausgearbeitet und anschließend in die Tat umgesetzt werden sollen. Eigentlich sollten sich die Präsidenten dann spätestens am 15. Mai wieder treffen. Doch Honduras und El Salvador, die ewigen Bremser im Friedensprozeß, haben seither mehrmals einen Aufschub erzwungen.

Die Contras, gestärkt und ermutigt durch ein 50-Millionen -Paket „humanitärer“ Hilfe, das im April vom US-Kongreß bewilligt wurde, denken offenbar nicht an Demobilisierung: sie hätten sich sonst nicht die Mühe gemacht, im März ihre Kommandostrukturen zu reorganisieren. Sie sind jetzt nicht mehr in Regionalkommandos und Task Forces unterteilt, sondern in Bataillone und Kompanien - wie eine reguläre Armee. Die Einheiten sind nun fester an das oberste Kommando angeschlossen. Laut Hauptmann Munguia vom militärischen Geheimdienst hat der ehemalige Somoza-Offizier Enrique Bermudez nach einer Serie von Säuberungen die Zügel wieder fest in der Hand. Deswegen sei es auch unwahrscheinlich, daß die Überfälle und Hinterhalte der letzten Wochen nicht vom strategischen Kommando im honduranischen Yamales gedeckt seien. Vor wenigen Tagen erbeutete die sandinistische Armee sogar einen schriftlichen Befehl des neuen Contra -Generalstabschefs „Franklin“. Die handschriftliche Weisung aus Honduras richtet sich „an alle Kommandanten im Inneren“ und empfiehlt, „Hinterhalte auf bewegliche Ziele so anzulegen, als ob nicht Ihr angegriffen hättet“.

Ein Funktionär des US State Department gab auf telefonische Anfrage zur Auskunft, es herrsche Waffenstillstand in Nicaragua, und die Contra-Chefs seien angewiesen, vorerst ihr Glück im politischen Kampf zu versuchen. Der bisher einzige prominente Rückkehrer, der auch auf alle Fälle an den Wahlen im kommenden Februar teilnehmen will, ist der ehemalige Contra-Führer Alfredo Cesar. Für ihn sind die bewaffneten Aktionen seiner Kollegen „wenig hilfreich“.

Die sandinistischen Militärs schätzen, daß um die 2.000 Contras in den letzten Monaten ins Land eingedrungen sind. Nach übereinstimmenden Augenzeugenberichten aus verschiedenen Kriegszonen sind die irregulären Truppen mit neuen Uniformen und Regenmänteln ausgerüstet. Hauptmann Munguia glaubt nicht, daß die Contras die Wahlen ernsthaft in Gefahr bringen können. Die Rebellen hätten es auf bewaffnete Propaganda und Militärpräsenz angelegt. Solange die Konterrevolutionäre ganze Landstriche verunsichern, können die Sandinisten ihre Armee nicht reduzieren. Das hat politische und ökonomische Konsequenzen, die gerade im Wahlkampf besonders schmerzen.

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