: Bekennerschreiben nur gefiltert
Erste Verurteilung nach Zimmermanns Paragraph 130a rechtskräftig / taz-LeserInnen sollen nur noch bereinigte Bekennerbriefe vor die Augen kriegen / Geldstrafe wegen Strauß-Beleidigung ■ Von Vera Gaserow
Berlin (taz) - Bekennerschreiben von militanten Gruppen, in denen detailliert das Vorgehen bei Anschlägen beschrieben wird, sollen LeserInnen der taz künftig nur noch in gefilterter Form serviert bekommen. So will es zumindest das Berliner Kammergericht, das jetzt eine Revision der taz gegen ein Urteil des Landgerichts „als offensichtlich unbegründet“ abgelehnt hat. Die Kammerrichter ließen damit die erste und bisher einzige Verurteilung nach dem neugeschaffenen Paragraphen 130a (Anleitung zu Straftaten) aus dem Zimmermannschen „Sicherheitspaket“ rechtskräftig werden. Der Paragraph 130a - schon während seiner parlamentarischen Beratung ganz offen „lex taz“ genannt hat damit seinem heimlichen Namen alle Ehre gemacht.
Die Kammerrichter segneten mit ihrer Entscheidung eine Verurteilung ab, die im Juni letzten Jahres allgemeines Kopfschütteln ausgelöst hatte. Das Landgericht hatte damals nach dreitägiger Verhandlung den presserechtlich Verantwortlichen der taz wegen Verstoßes gegen den Paragraphen 130a zu einer Strafe von 3.600 Mark verurteilt. Die taz, so die Begründung, habe sich mit der Veröffentlichung zweier Bekennerschreiben zu Brandsätzen in einem Hamburger Kaufhaus der „Anleitung zu Straftaten“ schuldig gemacht. In den Bekennerbriefen hatten sogenannte „Revolutionäre für ein feuriges Fest“ ausführlich geschildert, warum die von ihnen fabrizierten kleinen Brandsätze technisch nicht so funktioniert hatten wie geplant. Die taz hatte diese Erklärung just einen Tag nach dem Inkrafttreten des neuen Paragraphen ausführlich dokumentiert. Das hätte sie jedoch nicht dürfen, meinten die Richter. Zwar hätte die taz sicher nicht zur Nachahmung solcher Anschläge aufrufen wollen, auch werde sich wohl niemand aufgrund der Lektüre ans zündelnde Werk machen. Entscheidend aber sei, daß die Verfasser der Bekennerbriefe die Absicht gehabt hätten, zu Straftaten anzuleiten, und die taz habe deren Intention objektiv Vorschub geleistet.
Eine Instanz zuvor hatte das Berliner Amtsgericht in der Dokumentation solcher Bekennerschreiben einen Teil der Rechte und Pflichten der Presse gesehen und die taz freigespochen. Das Kammergericht jedoch folgte nun als letzte Instanz ohne eine juristische Begründung der Auffassung des Landgerichts, das der taz praktisch auferlegt hatte, die verwerflichen Schreiben künftig vor ihren LeserInnen unter Verschluß zu halten.
Mit der Verwerfung der Revision durch das Kammergericht wurde gleichzeitig ein Urteil gegen die taz rechtskräftig. Empfindlich beleidigt habe die taz den verstorbenen bayerischen Landesvater in einem Kommentar und muß nun dafür nicht nur eine Geldstrafe, sondern saftige Spesen zahlen.
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