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SFB büßt führende Position im Äther ein

■ Bei Berliner Radios jetzt Rias und Privatsender Hundert,6 vorn

Die Berliner Landesrundfunkanstalt Sender Freies Berlin (SFB) hat deutliche Hörerverluste erlitten. Wie aus einer am Wochenende veröffentlichen Untersuchung von Infratest hervorgeht, rangiert der Sender nur noch auf Platz drei der Hörergunst. Den ersten Platz nimmt der ARD-assoziierte „Besatzersender“ Rias mit 37 Prozent der Marktanteile ein. An die zweite Stelle ist Schamonis private Dudelwelle Hundert,6 gerückt, die mittlerweile von 30 Prozent der Berliner Radiohörer eingeschaltet wird. Der SFB, noch vor zwei Jahren mit 53 Prozent Höreranteil an der Spitze des Funkwettstreits, hat mit nunmehr nur noch 29 Prozent Marktanteil erheblich an Beliebtheit eingebüßt.

SFB-Intendant von Lojewsky, gerade frisch ins Amt gehoben, erklärte in einer ersten Stellungnahme, das Ergebnis der Infratest-Umfrage zeige, daß sich in Berlin eine offene Konkurrenz auf dem Radio-Markt entwickelt habe. Dabei fänden in erster Linie musikorientierte Programme mit geringem Wort - und Informationsanteil eine hohe Akzeptanz bei den Hörern. Das ginge eindeutig zu Lasten der stark informationsgeprägten Programme, wie sie der SFB als öffentlich-rechtliche Anstalt anbiete. Mit welchen Mitteln er dem SFB wieder zu mehr Massenattraktivität verhelfen will, sagte er vorerst nicht. Vor Zwei Jahren hatte es im SFB-Hörfunk schon Umstrukturierungen gegeben, die die Servicewelle SFB 2 flotter und wortärmer machen sollten. Dabei wurden ausführliche Magazine, z.B. das Frauenmagazin Zeitpunkte, in die ersten, dritten und vierten Programme verbannt. Nun hat sich der damit angestrebte Erfolg nicht eingestellt.

Die Durchschnittshörer lauschen lieber dem Gute-Laune -Funker Schamoni. Dessen Programm verlangt keine große Aufmerksamkeit, die volkstümliche Musikmischung ist auf Hausfrauen am Herd, Taxifahrer und säuselnde Kaufhauslautsprecher gleichermaßen zugeschnitten. Außerdem gibt es Gewinnspiele am laufenden Band, was die Hörer zum Dranbleiben und Mitmachen reizt und der Wirtschaft ungeahnte Werbeplätze schafft. Die Infratest-Studie bemerkt denn auch, daß den 100,6-Hörern vor allem die Musikmischung und diese Art der Hörererbeteiligung gefällt.

Für die Wahl der Rias-Programme spielt ebenfalls das Musikangebot eine ausschlagende Rolle. Demgegenüber werden seitens der Hörerschaft des SFB laut der Infratest-Umfrage vor allem kompetente Berichterstattung, gelungene Themenauswahl, Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit hervorgehoben. Die einzelnen SFB-Redaktionen wollten sich zu den Umfrageergebnissen bislang nicht äußern. Ein detaillierter Untesuchungsbericht liegt ihnen noch nicht vor.

Interessant dürfte die Studie auch für Radio 100 sein, das ab September ein 24-Stundenprogramm präsentieren will. Der Berliner Kabelrat hat den linken Alternativfunkern nach der Aufgabe des Privatsenders Hit 103 die volle Frequenz zugesprochen, auf der sie bis dahin nur vier Stunden zu hören waren. Ob sie mit ihrem wenig originellen Konzept locker Magaziniertes zur Hauptsendezeit, spezielle Spartenprogramme am Abend - erfolgreich im knallharten Wettbewerbskampf der Berliner Radios bestehen können, bleibt abzuwarten.

taz

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