Bundeswehrhilfe für die Polizei umstritten

Entwurf des Bundesinnenministeriums will die Amtshilfe der Bundeswehr für die Polizei neu regeln / SPD-Obmann Nöbel: Bedenkliche Weg eingeschlagen / Umfaller Burkhard Hirsch: Wichtiger Schritt in die richtige Richtung / Entwurf jetzt bei den Länderministerien  ■  Von Wolfgang Gast

Berlin (taz) - Der Obmann der SPD-Fraktion im Bonner Innenausschuß, Wilhelm Nöbel, reagierte mit völligem Unverständnis. Ihn empörte, daß die Bundesregierung jetzt in der Sommerpause einen Erlaß über die Amtshilfe der Bundeswehr für die Polizei durchboxen will, „obwohl in der letzten Sitzung des Innenausschusses massive Kritik - nicht nur von Seiten der Opposition - und gravierende verfassungsrechtliche Bedenken laut geworden sind“. Seine Bedenken richten sich gegen den am 21. Juni im Innenausschuß vorgestellte Entwurf, der die Richtlinien über eine Amtshilfe der Bundeswehr für die Polizei neu regeln soll. Nach dem Papier, das für die Öffentlichkeit noch nicht freigeben ist, werden „Unterstützungshandlungen der Bundeswehr, die nicht als Einsatzhandlungen zu verstehen sind, keinen verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegen“. Die Debatte, die sich jetzt abzeichnet, wird um Frage kreisen, was sind rechtlich zulässige „Amtshilfen“ und wie lassen sie sich von der für die Bundeswehr verfassungsrechtlich verbotenen „vollziehenden Gewalt“ abgrenzen.

Den Stein des Anstoßes lieferte ein Erlaß des Verteigungsminsiteriums aus dem Jahre 1987, der erst im vergangenen Herbst bekannt wurde. Darin hatte der damalige Innenminister Zimmermann den Polizeibehörden sowohl technische als auch logistische Hilfe der Bundeswehr bei Großdemonstrationen in Aussicht gestellt - etwa die Unterbrigung von Polzeieinheiten in Bundeswehrkaserenen, deren Verköstigung und ihren Transport. Konkret ging es um Hilfeleistungen im Zusammenhang mit befürchteten Auseinandersetzungen rund um die geplante Wackersdorefer WAA. KritikerInnen aus den Oppostionsparteien, dem Bonner Koalitionspartner FDP und Verfassungsrechtler sahen in dem Erlaß einen Bruch des Grundgesetzes - die Bundeswehr dürfe keinesfalls in innerstaatliche Auseinandesetuzngen hineingezogen werden. Als einzige Ausnahme käme käme der „innere Notstand“ in Frage - und auch das war bei der Einführung der entsprechenden Grundgesetzänderung in den 60er Jahren heftig umstritten.

Einer der schärfsten Kritiker des 87er Erlasses, der FDP -Sicherheitsexperte Burkhardt Hirsch, ließ im Anschluß an die Vorstellung der Neu-Entwurfes erklären, „die Inanspruchnahme von Bundeswehreinrichtungen, Personal und Geräten bei Großeinsätzen der Polizei gehöhrt zu den wirklich sensiblen Punkten“. Er wolle keine „Politisierung der Bundeswehr“ und keine „Fortsetzung der Polizei mit militärischen Mitteln“. Im Gegensatz zu seinem sozialdemokratischen Kollegen Nöbel zieht er aber zu den Schluß: „Die neu vorgelegte Richtlinie von Bundesverteidigungsminister Stoltenberg ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung“. Nöbel dagegen: „Mit dem Erlaß wird ein bedenklicher Weg eingeschlagen“.

Der Sprecher des Verteidigungsministeriums Winfried Dunkel betonte gestern, daß es sich um einen gemeinsamen Entwurf der Ministerien des Inneren, der Justiz und der Verteidigung handelt. Der geplante Erlaß werde in der jetzigen Form auch von allen Ressorts getragen. Nach der Sitzung des Ausschusses ist das Papier den Länderministerien mit der Bitte um Stellungnahme weitergeleitet worden. Sollten von deren Seite keine Einwände kommen könnte der Erlaß in Kraft treten.