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Anerkannte Adenauer die Oder-Neiße?

■ Wirbel um angebliche Geheimzusage Adenauers zur polnischen Westgrenze / Regierung fand bisher keinen Beleg / Klein: „Mysteriös“ / SPD verlangt vom Kanzler „Klarheit“ in der deutschen Frage

Bonn (dpa) - Für erheblichen Wirbel hat am Mittwoch in Bonn die Behauptung des Politikwissenschaftlers Prof. Karl Kaiser gesorgt, der frühere Bundeskanzler Konrad Adenauer habe in einer bislang geheimgehaltenen Erklärung gegenüber den Westmächten die Anerkennung der heutigen polnischen Westgrenze zugesagt.

Die Bundesregierung und das Auswärtige Amt teilten mit, ein solches Dokument sei bislang in den Archiven nicht gefunden worden. Regierungssprecher Hans Klein nannte die Angaben Kaisers, der Direktor des Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik ist, „ein bißchen mysteriös“. Er glaube aber nicht, daß der renommierte Politikwissenschaftler die Geschichte „erdichtet“ habe. Kaiser hatte in einem Vortrag vor dem amerikanischen Institut für Deutschlandstudien in Washington erklärt, die Zusage Adenauers liege im Archiv des Auswärtigen Amtes in Bonn sowie in den Beständen der Außenministerien in Paris, London und Washington. Nach Kaisers Recherchen besteht Adenauers damalige Zusage aus zwei Paragraphen: Der erste besage, daß die endgültige Grenze Deutschlands in einem Friedensvertrag festgelegt werde, was auch der heutigen Lage nach dem Warschauer Vertrag entspreche. Im zweiten Abschnitt heiße es, im Falle eines Friedensvertrages werde die Oder -Neiße-Linie die Grenze zwischen Polen und Deutschland sein. Laut Kaiser hat Adenauer diese Erklärung gegenüber den Westmächten bei den Verhandlungen abgegeben, die zur Wiederbewaffnung und zum Eintritt der Bundesrepublik in die Nato führten. Kaiser zufolge behandelte Adenauer das Dokument mit Rücksicht auf die damals erheblich wichtigeren Vertriebenen später „wie ein Geheimnis“. Angesichts der augenblicklichen Grenzdebatte sei es an der Zeit, auf diese Zusage hinzuweisen.

Die SPD hält die bisherigen Stellungnahmen von Kohl zur deutsche Frage nicht für ausreichend, um die Diskussion darüber zu beenden. Der SPD-Chef Vogel forderte Kohl auf, „unzweideutig Klarheit“ zu schaffen und notfalls eine Entlassung des CSU-Vorsitzenden aus der Regierung zu prüfen. Waigel hatte die Debatte mit seinem Hinweis auf den rechtlichen Fortbestand des Deutsche Reiches in den Grenzen von 1937 ausgelöst.

Vogel sagte, die von Waigel „mit Vorbedacht“ in Gang gesetzte Kontroverse um die polnische Westgrenze beeinträchtige nachhaltig den deutsch-polnischen Aussöhungsprozeß und die Entwicklung einer gesamteuropäischen Friedensordnug. Die CSU stellte im 'Bayernkurier‘ klar, daß sie im Streit um die Rede ihres Vorsitzenden Theo Waigel „um kein Jota“ von ihrer Position der „Verfassungstreue und nationalen Verantwortung“ abrücken werde.

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