piwik no script img

DDR-Arbeiter als Jobkiller

■ DGB klagt über zunehmende Beschäftigung von Arbeitskräften aus der DDR in West-Berlin

Nachdem die IG Bau-Steine-Erden im April gegen die Beschäftigung von DDR-Baufirmen in West-Berlin auf die Straße gegangen war, hat sich zu diesem Thema gestern auch der Berliner DGB zu Wort gemeldet: Bauarbeiter aus der DDR würden immer häufiger zu Konkurrenten für West-Berliner Arbeitnehmer, hieß es in der Presseererklärung. Die Arbeitskräfte aus der DDR würden zu Löhnen weit unterhalb der geltenden Tarifverträge eingesetzt, was dazu führe, daß „unser Tarif- und Sozialrecht zu Lasten unserer Arbeitnehmer“ ausgehebelt werde.

An den Senat richtete der DGB deshalb die Forderung, gemeinsam mit der Bundesregierung in Gesprächen mit der DDR darauf hinzuwirken, daß die hier geltenden Tarifverträge und arbeitsrechtlichen Regelungen von den DDR-Firmen künftig zur Grundlage ihrer Angebote gemacht würden. Weiter wurde der Senat aufgefordert, sicherzustellen, daß keine öffentlichen Aufträge sowie mit öffentlichen Mitteln geförderte Aufträge an DDR-Firmen vergeben würden, die nicht die Tarifverträge einhielten.

Die derzeitige Praxis wurde vom DGB wie folgt dargestellt: Generalübernehmer- und unternehmer gäben häufig Arbeiten an Subunternehmer aus der DDR weiter. Vermittler der Subunternehmen aus der DDR sei das staatliche Außenhandelsunternehmen Limex. Aufgrund der niedrigen Lohnkosten - der Stundenlohn liege zwischen 5 und 10 Mark Ost - und der Einsparung der Sozialabgaben für DDR -Arbeitskräfte könnten die DDR-Firmen in der Regel Angebote machen, die um 25 bis 30 Prozent unter den Offerten der Firmen aus West-Berlin oder dem Bundesgebiet lägen. Das führe dazu, daß Westberliner Arbeitnehmer enlassen würden. Besonders problematisch findet der DGB dabei, daß die DDR für ihre BürgerInnen die deutsche Staatsbürgerschaft nach dem Grundgesetz ablehnt, diese Regelung anderseits aber für den Einsatz von DDR Arbeitskräften in West-Berlin nutzt: Die 2.000 bis 3.000 DDR-Arbeitskräfte, die dem DGB zufolge täglich nach West-Berlin geschickt werden, brauchen keine Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung.

Der Pressesprecher des Arbeitssenators Göbel erklärte dazu, der Senat habe für das Anliegen des DGB „sehr viel Verständnis“. Die Lösungsmöglichkeiten seien jedoch begrenzt, weil es sich hier um den „hochsensiblen Bereich“ der DDR handele. Das Bonner Wirtschaftsministerium versuche derzeit, eine „Art Registrierung“ für die hier beschäftigen DDR-Firmen einzuführen, die Subunternehmer würden damit allerdings nicht erfaßt. Ganz andere Töne schlug der Sprecher des Arbeitssenators, Heinze, an, der das Ansinnen des DGB als einen „ersten Schritt zum Dirigismus“ bezeichnete. Der stellvertretende Hauptgeschäfsführer der Industrie und Handelskammer (IHK) Schlegel bezeichnete die Forderung des DGB als unberechtigt, weil weniger als ein Tausendstel des Berliner Bauvolumens von DDR-Arbeitskräften ausgeführt werde.

Plu

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen